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Motorrad-Saison-Eröffnung

Am 06.April war es wieder soweit, die alljährliche Eröffnung der Motorradsaison stand an. Da es an den letzten beiden Wochenenden schon tolles Wetter gab und unser Terminkalender es zuließ, war ich schon zu zwei Touren unterwegs, zu meinem ganz persönlichen Saisonauftakt.

Es hatten diverse Motorradhändler im Dresdner Umland geladen und bei dem schönstem Wetter und bis zu 22°C war es mir eine Freude, der Einladung nachzukommen.

Im Gegensatz zu den vorangegangenen Jahren führte mein Weg mich diesmal nicht nach Diera-Zehren zu Honda Motorradhaus Zehren – Sorry Jungs! Dieses Jahr ging es ostwärts nach Pirna und Dohna.

Erste Station Motorrad Team Förster Pirna.

Schon kurz nach 10Uhr war bei dem gemischten Händler für Autos (Toyota und Kia) und Motorräder (Ducati und Kawasaki) der Hof voll. Die Premiere des neuen Toyota Corolla war für mich aber Nebensache – ich war heute auf Zweiräder aus.

Es war trotz der frühen Uhrzeit schon einiges los, doch das Team hatte es im Griff – es gab spezielle Flächen zum Parken der Motorräder und Einweiser, die die Übersicht behielten. Der Grill war bereits an und das reichliche Personal war sichtlich gut gelaunt.

Das Highlight aber war natürlich die Möglichkeit zur Probefahrt von etwa 25 (!) verschiedenen Modellen aus beiden Marken. Die Anmeldung mit Personalausweis und Führerschein plus Unterschrift war schnell gemacht – die Gelegenheit wollte genutzt werden.

Es durften pro Fahrt 20km zurückgelegt werden, es gab einen Tourenvorschlag, für den ich sehr dankbar war. Die gewählte Strecke war 13km lang, führt über Mockethal über Dorf Wehlen, weiter nach Lohmen und über Doberzeit zurück. Sie war vielseitig, bot einige nette Kurven und Asphalt verschiedenster Güte, nebst einer guten Handvoll Plätzen zum Anhalten und das Motorrad beschauen.

Erstes Motorrad:        Kawasaki Z650

Der „Enkel“ meines eigenen Motorrads, der Kawasaki ER-5, sieht gut aus und ist ein Verkaufsschlager. Und warum das so ist, wollte ich heute „erfahren“.

Beim Aufsteigen fiel mir gleich die bequeme und ergonomische Sitzposition auf, gewürzt mit ein bisschen Sportlichkeit. Ein Naked Bike, wie es im Buche steht. Mit meiner Körpergröße von 1,78m kam ich sehr bequem mit beiden Füßen flächig auf den Boden.

Beim Fahren stellte sich das Sitzpölsterchen als ein wenig zu kurz heraus, eine perfekte Position für mein Hinterteil ließ sich nicht finden, aber ich gewöhnte mich dran.

Mit fiel schon auf den ersten Metern die agile Lenkung auf, die aber für enge Kurven und schnelle Richtungswechsel nach etwas Nachdruck in die Schräglage verlangte – nicht unangenehm aber ungewohnt. Ich hätte mir einen breiteren Lenker gewünscht.

Der Auspuff beherrscht die volle Bandbreite in Sachen Geräuschkulisse – vom zurückhaltenden „everbodies darling“ bis zum zornigen Rächer. Man kann also sozialverträglich durchs Wohngebiet rollen und hinterm Ortsschild losbollern – so mag ich das.

Der Zweizylindermotor aus der ER-6 hat ausreichend Dampf, mag aber Drehzahlung unterhalb 3000 nicht und gebärdet sich dort wiederwillig. Darüber gehört er zu den duften Kumpeln.

Die Federung ist zwar straff, aber die Gabel dämpft eine Menge weg, insgesamt eine ausgewogene Fahrwerksabstimmung.

Fassen wir zusammen: Die Z650 ist leicht zu fahren, sieht schick aus, kostet nicht die Welt und hat für die meisten Fälle genug Leistung – die Zulassungszahlen sind meiner Meinung nach durchaus gerechtfertigt. Ein toller Einstieg in die „offene“ Klasse.

Zweites Motorrad:      Ducati Scrambler ICON

Ein Trend der letzten Jahre sind die Scrambler – eine Klasse von Motorrädern, die ihre Vorbilder in der Mitte des letzten Jahrhunderts hatte.

Grobstollige Reifen, ein höhergelegter Auspuff und ein hoher, breiter Lenker mit Verstärkungsstrebe, dazu mehr Bodenfreiheit und fertig – so die Theorie.

In der Praxis ist die Optik der Ducati schon ziemlich das, was man sich vorstellt. Eine kerzengerade Sitzposition wird mit nach vorn statt nach unten gehenden Armen kombiniert – der extrabreite und extrahohe Lenker gibt volle Kontrolle. Nachteil: Durch den langen Hebel, die steilstehende Gabel und den schmalen Vorderreifen ist sehr feinfühliges Lenken erforderlich – vor allem bei der Beschleunigung, aber dazu später mehr.

Die lange und dick gepolsterte Sitzbank nach alter Väter Sitte ist von der bequemen Sorte, sieht schick aus, bietet aber nur wenig Halt.

Durch die Geometrie kann man ohne sich krumm zu machen im Stehen fahren, für leichtes Gelände (oder doch nur den Feldweg im nächsten Dorf) ideal.

Scrambler sind cool – das kann ich nun verstehen.

Aber was ist nun mit der Beschleunigung? Ducati hat die Scrambler Familie mit 3 Hubräumen und Leistungen im Programm – 400ccm und 41PS, 800ccm und 75PS und 1100ccm und 86PS. Ich habe das mittlere Modell mit eigentlich moderater Leistung gefahren – eigentlich. Denn nicht die Leistung ist das Thema hier, sondern das enorme Drehmoment. Für die gemütliche Sonntagsrunde steht eindeutig zu viel davon in den Startlöchern. Dreht man am rechten Griff wird aus praktischer jeder Drehzahl das Vorderrad leicht – für das Lenkgefühl ein Schreckmoment. Durch die völlig aufrechte Sitzhaltung zerrt der Wind am Oberkörper, dass es nicht mehr feierlich ist. Zieht man nun am Bremshebel werden die Pupillen nochmal weit, denn der Hebel will bis ganz nah an Rohr gezogen werden, bevor die volle Bremsleistung anliegt.

Kann man mit der Scrambler Spaß haben? Aber unbedingt! Ist sie idiotensicher fahrbar? Nein! Schon bei dieser Version ist die Leistung zu viel des guten – man muss sich schon aktiv davon abhalten, sie abzurufen um entspannt zu bleiben. Gemütlich auf Doping harmoniert für mich nicht so.

Drittes Motorrad: Ducati Diavel

Als mich die netten Mitarbeiter ob meiner vorherigen Wahl aufforderten, mal was Besonderes zu probieren, war ich zunächst zurückhaltend. Zu gern hätte ich die neue Kawasaki Z900RS getestet, doch die war gerade nicht verfügbar. „Nimm doch die Diavel“ – das sagt sich so leicht. „Mach einfach, du wirst es nicht bereuen“ – das war ein Versprechen, welches ich auf die Probe stellen wollte.

Der Power Cruiser sieht schon echt unglaublich aus. Geduckt, muskulös, brachial. Dabei ist die Sitzposition extrem lässig und bequem – hoher Lenker, vorzügliche Sitzmulde, angenehmer Kniewinkel. Dass der Tank recht breit ist und dieses Gerät einen ziemlich wuchtigen, mehr als 1,2l großen Motor hat täuscht darüber hinweg, dass hier nur 218kg stehen. Leichtfüßig rollte ich vom Parkplatz und hatte doch im Hinterkopf, dass dieses mindestens 20.000€ teure Gerät sagenhafte 129Nm und 159PS liefert.

Mir fielen gleich mehrere Dinge auf – im unteren Drehzahlbereich lief der große Zweizylinder sehr rau und erzeugte einiges an Vibrationen. Ab 3000 Umdrehungen lief er sauber und zog kräftig an, ab 6000 Umdrehungen bracht die Hölle los. Die Beschleunigung zog mir die Arme lang, ich war über den perfekten Halt in der Sitzmulde dankbar und in wenigen Sekunden näherte sich der Wert auf dem Digitaltacho der 200km/h. Und das ohne mit der Wimper, dass die Diavel besonders angestrengt wirkte.

Das verrückte dabei – neben meinem teuflischen Grinsen und der irren Lache, die sich wie von allein einstellte – das Ganze war so leichtfüßig, so souverän, das Fahrwerk zeigte keine Zeichen der Nervosität angesichts dessen was da gerade passierte. Sauber und einfach ließ sich das Bike kontrollieren, die enorme Leistung kontrollieren – die starken Bremsen waren ebenso gut dosierbar wie die Gasannahme.

Die wenigen Minuten auf der teuflischen Rakete machten Spaß – viel Spaß. Noch schlimmer – sie machten süchtig! Mir war klar, dass dieses Freudentränen verursachende Biest der Leistungstechnische Höhepunkte für mich an diesem Tag war. Ich habe es tatsächlich nicht bereut, die Diavel getestet zu haben – ein Traum wird sie dennoch bleiben.

Nach dieser Begegnung mit dem Teufel auf 2 Rädern musste ich erst einmal eine Pause einlegen.

Eine Bratwurst und ein alkoholfreies Radler – für einen wohltätigen Zweck – füllten meinen Magen, es waren gerade einmal 1,5h vergangen. Zeit sich nochmal umzuschauen: Es waren noch mehr Leute da als zuvor. Motorradfahrer aller Altersstufen und Stile waren hier – Rocker, Racer, Tourenfahrer, reiseerfahrene Enduristen. Zwar waren die meisten Männer, aber es waren auch eine Menge Kinder da und etwa jeder fünfte Zweiradfan war weiblich. Am Autohaus gegenüber sahen die Leute braver aus, aber „wir“ hier hatten das breitere Grinsen. Mitten auf dem Hof war ein Pocketbike Event aufgebaut – Naja, wer es mag.

Das warme und sonnige Wetter forderte mich nach dieser Verschnaufpause schnell allerdings wieder auf, ein Zweirad zu besteigen. Ich entschied mich für etwas ganz anderes.

Viertes Motorrad: Kawasaki Ninja 400

Bitte was? Echt jetzt? Die Mitarbeiter schauten nicht schlecht, als ich mir gerade ein 400ccm Motorrad mit gerade einmal 45PS für die A2 Klasse aussuchte.

Größer konnte das Kontrastprogramm kaum sein.

Doch mich interessiert die Klasse, die junge Leute und Wiedereinsteiger aufs Motorrad locken soll – wie viel „echtes“ Motorrad bekommt man in der bei 48PS begrenzten Klasse?

Auf den ersten Blick sieht die kleine Ninja schon recht erwachsen aus. Entgegen meiner Erwartungen an einen Sportler mit Stummellenker saß ich erstaunlich aufrecht und spürte nichts vom typischen Gewicht auf den Unterarmen.

Das mag auch daran liegen, dass der Lenker gefühlt direkt auf dem Schoß lag – viel zu weit hinten für meine Begriffe. Auch an die für Sportler typischen Verkleidungsfesten Spiegel musste ich mich gewöhnen, aber was soll’s.

Das wuselige aber gutmütige Fahrverhalten passt ins Bild der Anfängermaschine, dabei kann sie alles was ein großes Bike auch kann. Und langsam ist man mit der 400er auch nicht – nur ist das alles wesentlich unspektakulärer. Es fährt sich beinahe wie ein Moped, was allerdings keine Kritik ist. Wenn überhaupt, dann fiel das Motorgeräusch negativ auf. Klingt ein bisschen zu viel nach Benzinrasenmäher. Sonst macht der Motor aber einen toller Job, zieht durch das gesamte Drehzahlband sauber und ohne jegliche Überraschungsmomente. Für Freunde hoher Drehzahlen ist die kleine Maschine auf jeden Fall etwas.

Als erstes Motorrad oder nach langer Pause ist die Ninja schon echt toll. Zum kleinen Preis bekommt man ein Motorrad, was eigentlich alles kann, wie eine Große, dabei aber auf jegliches Gehabe verzichtet, einfach und sicher die Welt auf zwei Rädern erleben lässt.

Nun hieß es Ort- und gleichzeitig Markenwechsel. Ich verabschiedete mich vom „Förster“ und fuhr auf die andere Elbseite zum „Gärtner“.

Gärtners Motorradshop

… ist seit etwa 2 Jahren regelmäßiger Anlaufpunkt für mich – durch die Feierabendtouren auf den Vorführmotorrädern komme ich immer wieder.

In diesem Jahr wurde bei dem Yamaha Händler in Dohna das 50. Jubiläum gefeiert. Es gab ebenso einen Grill und die Möglichkeit zur Probefahrt diverser Modelle. Rabatte auf Zubehör und Bekleidung ließen zahlreiche Kunden in die beiden Läden strömen, auch um die vielen neuen wie gebrauchten Motorräder schlichen einige Leute herum.

Der Frauenanteil lag hier mit etwa 1/3 noch höher – die veranstalteten Touren speziell für „Ladies“ hinterlassen Spuren – Daumen hoch.

Die Probefahrten hier, welche auf etwa einem Dutzend unterschiedlichen Modellen mögliche waren, waren hier als geführte Touren organisiert. Ich habe zwei davon mitgemacht und die Strecken waren verschieden. Jede halbe Stunde ging es los, die Touren dauerten 15-20 Minuten.

Da ich mich in den letzten 2 Jahren schon durch einen Großteil der Yamaha Modelle getestet habe, fiel mir die Wahl hier etwas schwer. Als ich jedoch sah, dass mehrere der NIKEN zum Testen bereit standen, war mir klar: Das erste Mal seit meiner frühen Kindheit würde ich wieder Dreirad fahren.

Fünftes Motorrad:      Yamaha NIKEN GT

Es sieht schon sehr speziell aus, irgendwie nach einer Kreuzung aus Motorrad und Schneemobil. Auch wenn es auf drei Rädern theoretisch sicher stehen sollte, braucht es einen Seitenständer. Der einfache Grund dafür ist, dass die beiden Vorderräder in einer Konstruktion in Form eines Parallelogramms geführt sind, welches Schräglagen ermöglicht. Wie bei einem richtigen Motorrad also.

Einmal auf das ziemlich hochbeinige Gefährt aufgestiegen sieht es nicht viel anders, als auf der Tracer 900 aus – breite Halbschale, fest angebrachte, aber sehr weit vor sitzende Spiegel, ziemlich wuchtig. Dann geht es hinter dem Guide los fühlt es sich eigenartig an – eigenartig vertraut, nicht schwerfällig und ja, genau wie man es erwartet von einem Motorrad.

Wenn man nicht darauf achtet, vergisst man glatt, dass da gleich zwei Vorderräder für Haftung sorgen. Der Dreizylindermotor ist über jeden Zweifel erhaben und hat kein Problem mit dem Zusatzgewicht. Die Beschleunigung ist klasse und die Bremsen packen ganz schön kräftig zu. Die Sitzhaltung erinnert mehr an Sofa als an sportliches Motorrad, Knieschleifer werden wohl keine NIKEN fahren.

Die anfängliche Unsicherheit verfliegt schnell und bald fährt man so sicher, wie auf dem gewohnten Zweirad – eigentlich sogar noch sicherer, da drei statt zwei Räder Bodenkontakt halten.

Nur einmal, in einer sehr engen, langsamen Rechtskurve habe ich kurz das Gefühl nach innen zu kippen. Doch leicht am feinfühlig dosierbaren Gasgriff gedreht und schon läuft alles wieder rund.

Ich war überrascht, wie gut das Konzept umgesetzt wurde – als Alternative zum Reisetourer kann ich mir die NIKEN schon vorstellen. Yamaha hat es tatsächlich geschafft das Motorrad irgendwie neu zu erfinden.

Sechstes Motorrad:    Yamaha SCR 950 Scrambler

Nach dem ungewöhnlichen, als sechstes und letztes Gefährt nun die Scrambler von Yamaha. Wie schon bei der Ducati gehören ein hoher, breiter Lenker und eine klassische Sitzbank zur für Scrambler typische Optik.

Dass das Zündschloss auf der rechten Seite vor dem Tank liegt sorgt für einen Moment der Verwirrung. Das hat übrigens den Grund, dass es klassisch auch als Lenkradschloss fungiert – kenne ich sonst nur von 50ccm Mopeds.

Die Sitzposition ist urgemütlich, der Lenker ist auf einer tollen Höhe, man kann sitzend wie stehend fahren – das gehört bei einer Scrambler zum guten Ton. Das große aber lauert aber woanders.

Der Tank ist sehr schmal, was gut aussieht, aber es den Knien unmöglich macht, sich an selbigen anzulehnen. Zudem lauert links der hintere Zylinder (Achtung heiß) und rechts der Luftfilterkasten – bequem geht anders. Dazu liegen die Rasten sehr weit außen, da kann man entweder wie ein Macho breitbeinig draufsitzen oder mit den Knien nach innen, was sich nicht nur blöd anfühlt, sondern wahrscheinlich auch so aussieht. Ich fand zumindest keine zufriedenstellende Sitzposition.

Nun doch noch etwas Positives. Der Motor, welcher auch in der XV Anwendung findet ist ein Charaktertyp. Drehmoment in jeder Lebenslage, unabhängig von Gang und Last – ein Gedicht. Dass der Motor mit 52PS auf dem Papier zu den schwächeren im Feld der Probefahrtrunde zählte war zudem in keinem Moment zu spüren.

Dazu gesellt sich das typische Betriebsverhalten eines großvolumigen V2 Motors – good vibrations – die einfach großartig sind.

Dieses Motorrad ist ein Fall für sich, sicher nicht für jeden Fahrer etwas, aber wer sich mit der Sitzhaltung anfreunden kann, wird seinen Spaß haben.

Damit endete meine ganz persönliche Saisoneröffnung. Sechs sehr verschiedene Motorräder, zwei tolle und sympathische Händler und eine Menge Spaß an diesem Hobby – besser kann man einen sonnigen Wochenendtag im April kaum nutzen.

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