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Zwei fremde Leben von Frank Goldammer

Als ich die Buchbeschreibung zu „Zwei fremde Leben“ gelesen habe, war mir klar, dieses Buch muss ich lesen. Einerseits bin ich selbst in der DDR aufgewachsen, war aber zur Wiedervereinigung 10 Jahre alt, habe also nicht wirklich viel mitbekommen. Und anderseits hat mich das Thema (Zwangs-) Adoption schon seit einiger Zeit beschäftigt.


Beim Lesen ist einiges aus meinen kindlichen Erinnerungen aufgetaucht bzw. aus Erzählungen von Familie und Bekannten. Für mich ein sehr erschütternder Bericht und ich weiß, dass darin viel Wahrheit steckt, nur die Namen werden andere sein. Wie konnte ein Staat auf soviel Angst bauen und darin noch Gutes sehen? Ich kann es nicht verstehen, ein Regime der Angst.

Das Buch spielt in drei verschiedenen Zeitebenen. 1973, die Wendezeit und Gegenwart 2018. Atmosphärisch gut geschrieben, durch die Wechsel sehr sehr spannend. Ich musste unbedingt wissen, wie es ausgeht und innerlich hat sich in mir eine enorme Wut aufgebaut. Vor der unfassbaren Ungerechtigkeit.

Beide Protagonisten Kommissar Thomas Rust und Ricarda Raspe sind identisch dargestellt, so greifbar. Rust ist nikotinsüchtig, er möchte den Kindstod aufklären, man spürt seinen Ermittlerinstinkt. Beim Lesen war ich ihm sehr nah. Folgende Buchzitate haben mich beeindruckt:

Zitat Seite 37 „Er konnte jetzt entscheiden, sich entweder nicht in Dinge einzumischen, die vielleicht zu groß für ihn waren, von denen er nichts verstand, oder seiner Neugier und einem dumpfen Gefühl zu folgen, das ihm sagte, dass hier ein Unrecht geschehen war.“

Seite 254 „Was war das für ein Leben? Wenn man hinter jedem Fremden und jedem Bekannten einem Spitzel vermutete? Wenn man sich niemandem mehr anvertrauen konnte? Wenn sie jederzeit in deine Wohnung kommen konnten, deine Briefe lasen, deine Gespräche belauschten? Heute war er noch einer der ihren in der Stasizentrale empfangen worden. Doch man hatte ihm deutlich gemacht, was ihn erwartete, wenn er die Seiten wechseln würde. Eine deutliche Aussage/Sicht zur damaligen traurigen Zeit, einer Zeit der Angst.

Und Ricarda ist eine starke Persönlichkeit, so stark und tapfer. Was ihr für Steine in den Weg gelegt werden, unfassbar. Sie hat nie aufgegeben und war stellenweise allein, niemand wollte mit der „Verrückten“ etwas zu tun haben. Auch ein Weg der damaligen Verantwortlichen. Einfach unfassbar.

„Zwei fremde Leben“ spiegelt sehr gute die erst junge Vergangenheit wieder. Ein e klare und eindeutige Leseempfehlung.

Mein Dank geht an das Team von kriminetz.de, den dtv Verlag für das bereitgestellte Rezi-Exemplar. Und natürlich an Frank Goldammer für dieses gelungene Stück Zeitgeschichte.

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