Der Schreibstil von Frank Goldammer ist ausdrucksstark, detailreich und auch spannend. Und dennoch muss ich sagen, dass mich die Geschichte distanziert zurückgelassen hat.
Es ist nicht so, dass die Geschichte nicht spannend ist. Nein, ganz im Gegenteil. Spannung ist auf jeden Fall vorhanden, wenn auch nicht die gruselige-atemlose Spannung. Ich denke, dass es mich nicht gepackt hat, lag unter anderem auf jeden Fall an mir.
Die Geschichte spielt ja, wie der Klappentext verrät, in Dresden. Zwei Jahre nach Kriegsende ist die Stadt eine Trümmerwüste. Ich kenne Dresden, ich liebe Dresden. Dresden ist sein über 30 Jahren meine Heimatstadt. Und gedanklich durch die Stadt, durch die Straßen, die ich kenne, zu laufen und die Trümmer zu sehen, hat mir zu schaffen gemacht. Ich kenne Bilder vom zerstörten Dresden, aber gedanklich da durchzustreifen, die Fantasie spielen zu lassen, war zu viel.
Ich konnte das Buch nicht in einem Rutsch lesen. Ich musste immer wieder unterbrechen, es zur Seite legen. Mal Minutenlang, mal Stundenlang.
Dazu kam, dass mich Max Heller nicht berühren konnte. Ich konnte weder zu ihm noch zu anderen Figuren des Buches eine Bindung aufbauen. Ich habe, obwohl mich die Beschreibungen der Verhältnisse, der Not und auch der Schiebereien (egal ob Lebensmittel, Wohnraum oder ähnliches) bestürzt haben, mich nicht in die Figuren hineinversetzen können. Es war, als ob ich als Beobachter weit weg stehe, ich war nicht – was ich eigentlich so sehr liebe – in der Geschichte drin.
Dabei wurde die damalige Situation in der sowjetischen Besatzungszone sehr anschaulich beschrieben. Das Prinzip der Bestechung, das sehr gut funktionierte. Das Schmieren für Gefälligkeiten, für Hilfe. Aber auch das „wenn du in die Partei eintrittst, hast du es besser“. So wurde – wieder – eine Zwei-Klassen-Gesellschaft entwickelt. Die einen müssen nach Essen anstehen, bekommen Marken für Lebensmittel, die sie dann doch nicht bekommen weil sie eh viel zu knapp sind. Die anderen haben Räume voller Leckereien gebunkert und leben im Überfluss. Es fehlt an allem, alles wird rationiert.
Das Buch ist auch eine Lehrstunde für die Nachkriegszeit und man merkt dem Buch an, wie gründlich Frank Goldammer hier recherchiert hat. Mit wie viel Liebe und Herzblut das Buch entstanden ist.
Dennoch bleibt der Fakt bestehen: ich konnte mich nicht in der Geschichte verlieren – sie lässt mich an vielen Stellen fast emotionslos zurück.
All das kann ich nur bedingt dem Autor „anlasten“. Hier spielen eher meine Gefühle für meine Stadt eine große Rolle.
Mir fällt eine Bewertung des Buches sehr schwer – ich kann und will dem Autor nicht unrecht tun. Ich kann und will aber auch nicht eine Bewertung abgeben, mit der ich mich nicht identifizieren kann.
Daten:
Autor: Frank Goldammer
Titel: Tausend Teufel
Broschiert: 368 Seiten
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (Oktober 2017)
ISBN: 978-3423261708