Am 31. Mai 2017 war es endlich einmal wieder soweit – ich war auf einer Buchlesung. Diesmal nicht im üblichen „Gefilde“, im Haus des Buches in Dresden. Diesmal führte mich mein Weg, zusammen mit meiner Freundin Dorit, nach Moritzburg.
Unser Ziel war die Stephanus-Buchhandlung Moritzburg, welche am Fuße des Schlosses Moritzburg liegt. Von außen sah der Buchladen recht klein aus, wenn man ihn aber betritt, entdeckt man hinten noch einen recht geräumigen Raum. Die sogenannte „Winterkirche“ von Moritzburg. Hier finden im Winter immer die Gottesdienste statt, da die eigentliche Kirche von Moritzburg nicht beheizt werden kann.
Hier in dieser Buchhandlung sollte an diesem Abend die Premierenlesung von Ralf Günthers neuestem Buch „ „Die Badende von Moritzburg“ stattfinden.
Wie ich, allerdings erst am späten Abend zu Hause, feststellte, war es bereits meine zweite Lesung mit dem Autor. Die letzte war im Jahr 2005 zu dem Buch „Die Theatergräfin“. Ich war sehr gespannt darauf und habe nicht geahnt, welche Überraschungen – privater Natur – dieser Abend noch bereithalten würde.
Etwa 60 Gäste nahmen im dem Raum Platz – konnten sich an einer kleinen eingerichteten Bar mit Wein und anderen Getränken bedienen – und nutzten die Zeit, miteinander zu plaudern, ehe es losging. Ich traf, überraschend, auf zwei ganz liebe Bekannte – Binea von Literatwo und Josefine Gottwald, eine Kinderbuchautorin.
Kurz nach 19 Uhr ging es dann endlich los: Ralf Günther wurde von der Besitzerin der Buchhandlung charmant angekündigt und dann begann der Spaß.
Zuerst bedankte sich der Autor bei vier wichtigen Menschen, ohne die das Buch nicht entstanden wäre. Unter anderem bei seiner Lebensgefährtin und bei seiner Lektorin – beide haben dem Buch einen ganz besonderen Schliff gegeben und waren maßgeblich an der Entstehung beteiligt.
Auf Wunsch der Gäste sprach und las Ralf Günther ohne Mikrofon. Zuerst war ich etwas skeptisch, aber da es im Raum ganz ruhig war, während er sprach, war das überhaupt kein Problem und letztendlich sogar richtig angenehm.
Ein wenig nervös wirkte Ralf Günther, als er vorne stand, über sein Buch und dessen Entstehung sprach und dabei immer wieder das im Buch enthaltene Lesebändchen glatt strich. Hierzu hatte er dann auch gleich eine kleine Anekdote zu erzählen: bei seinen großen historischen Romanen hatte er seinen Verlag immer gebeten, ein Lesebändchen in das Buch einzubauen und das hat nie geklappt. Nun, in dem kleinen schmalen Büchlein, der kleinen Novelle, gibt es ein Bändchen 🙂
Dann begann er, aus seiner Novelle zu lesen. Insgesamt vier Szenen las er vor, dreimal unterbrochen von wunderschöner Klaviermusik. Dazu hatte Ralf Günther, nach eigener Aussage, seinen guten Freund Jan Katzschke genötigt. Dieser ist eigentlich auf Orgelmusik – ganz speziell aus der Bach-Ära – spezialisiert. Aber, ich muss sagen, er machte das wunderbar, auch wenn es eigentlich nicht „seine“ Musik war.
Er lockert seine Lesung aber auch durch kleine Anekdoten und Impressionen auf. So erzählt er zum Beispiel, dass das Moritzburg im Buch nicht tatsächlich das echte Moritzburg ist. Für ihn war das ein Sehnsuchtsort und während des Schreibens ist ihm eines aufgefallen: Hamburg ist nicht seine Heimat, er ist hier zu Hause. Und das ist der Autor nun mittlerweile auch wieder – er ist wieder in Sachsen zu Hause.
Worum geht es in dem Buch?
1910. Die junge Clara Schimmelpfenninck wird wegen hysterischer Atemnot ins Dresdner Lahmann-Sanatorium auf dem „Weißen Hirschen“ geschickt. Nach sechs Wochen ist sie symptomfrei, aber zu Tode gelangweilt. Da wird sie zu einem Ausflug ins nahe Moritzburg eingeladen. Im Sommerkleid streift sie durch die herrliche Schilflandschaft. Prompt wird sie von einem Mann mit fein geschnittenem Gesicht und energischer Stimme angesprochen. Ob sie sich nicht zu ihm, Kirchner, und seinen Freunden gesellen möge. Die Männer und Frauen picknicken dort, trinken Wein und arbeiten an ihren Staffeleien – in einer Art und Weise, wie Clara es noch nie erlebt hat. Und so verbringt sie einen unvergesslichen Sommertag in der Künstlerkolonie „Die Brücke“.
Der sehr lebhafte Schreibstil des Autors macht die Zeit und die Epoche vor unseren Augen lebendig. Er zeichnet ein stimmiges Bild der damaligen Verhältnisse. Eine Prise Humor ist immer dabei, das lockert die Novelle auf und sorgt für großen Lese- bzw. in unserem Fall großen Hörgenuss.
Die Beschreibung der Fahrt mit dem Lößnitzdackel von Radebeul nach Moritzburg war so plastisch, dass ich beim Schließen der Augen förmlich direkt neben Clara saß. Spannung kam beim mir auf, als Clara ins Wasser ging, sich einen Weg durch das Schilf bahnte und in Panik geriet. Ich habe atemlos die Luft angehalten und gespannt gelauscht, was passiert.
Mit dem Satz „Komm Clärchen, komm“ beendet der Autor die Lesung und erreicht damit bei mir nur eines: ich will das Buch ganz schnell zu Ende lesen.
Nach der wunderbaren und langen Lesung – sie ging circa 90 Minuten, gab es für die anwesenden Gäste noch Schnittchen und natürlich signierte der Autor auch noch die mitgebrachten oder dort erworbenen Bücher. Auch Dorit und ich stellten uns an und ließen uns unsere Bücher signieren.
Gegen 22 Uhr war ich wieder zu Hause und ein wunderbarer Mädelsabend mit Dorit ging zu Ende. Danke, dass du die wunderbare Idee hattest, mich auf diese Lesung mitzunehmen. Ich habe den Abend mit Dir, Ralf und all den anderen sehr genossen.
Nun freue ich mich auf das hoffentlich bald entstehende Interview mit Ralf Günther und darauf, in Ruhe das Buch zu Ende lesen zu können.
Ein so schöner ausführlicher Text mit persönlichen Einblicken und ganz individuellen Bildern, wie sie nur entstehen können, wenn man live dabei ist – danke, Katja, dass du das literarische Leben bereicherst!