Nachdem ich vor nicht allzu langer Zeit „Verrückt“ von Dr. Sabine Fitzek gelesen habe, landete zu meiner längeren Dienstreise in die USA nun „Verstorben“ ganz oben auf meinem SUB.
Die Arbeit auf einer Intensivstation stellt eine enorme Herausforderung für das gesamte Personal dar. Ob Ärzte, Schwestern oder Pfleger – wenn das Leben von Menschen auf der Kippe steht, bemühen sich alle Beteiligten rund um die Uhr. Doch was, wenn jemand unter ihnen nicht das Wohl der Patienten im Auge hat, jemand ihnen bewusst schadet?
Einige Angehörige und Patienten haben Pfleger Maik Thomasson bereits angezeigt, doch weder die Klinik, noch Polizei und Staatsanwaltschaft gehen dem Fall nach.
Hauptkommissar Kammowski wird mit dem Fall betraut und lässt ihn sogleich wieder in der Schublade verschwinden. So dünn die Beweislage, so unglaubwürdig die Zeugen – eine verwirrte 90-jährige und die verschrobene Tochter einer auf der Intensivstation Verstorbenen.
Ein weiterer anonymer Hinweis, mit medizinischen Fachwissen verfasst, erhärtet die Vorwürfe. Doch warum sind die Kliniken an einer Aufklärung nicht interessiert? Darf nicht sein, was nicht sein kann?
Krankenhäuser und insbesondere Intensivstationen sind eigene kleine Welten, mit eigenen Regeln und teils sehr speziellen Menschen. Wer diesen Beruf ausübt, hat es nicht leicht. Dass jemand, dessen Aufgabe es ist Leben zu retten, bewusst Patienten gefährdet oder gar tötet, ist eine ungeheuerliche Anschuldigung. Ein Netz aus Schweigen, Vertuschung und Wegschauen hat sich dabei längst etabliert. Niemand möchte als Nestbeschmutzer gelten und einen Kollegen anprangern, selbst wenn dessen Verhalten höchst zweifelhaft ist. So kommt es im Buch, wie leider auch zu oft in der Realität, dass aus falscher Rücksichtnahme Täter lange unerkannt ihr Unwesen treiben können.
Wie schon im Vorgängerband wird wieder mit schonungslosem Blick das Gesundheitssystem und seine Schwächen offenbart. Zu wenig Personal, Seilschaften und der ständige Druck der Wirtschaftlichkeit lassen das wichtigste Ziel, das Wohl der Patienten, in den Hintergrund treten, je weiter es die Befehlskette hochgeht. Hinweise werden ignoriert, weil es dem Ansehen der Klinik schaden würde, wenn etwas dran wäre.
Es ist ein bedrückendes Thema, welches sein Vorbild in der realen Welt hat. Mit dem regelmäßigen Perspektivwechseln gelingt es der Autorin wieder, die Geschichte bin ich die Tiefe zu erlebbar zu machen, die ausweglosen Situationen zu durchleben.
Wieder ist der Roman weder blutrünstig noch offen gewalttätig, was aber nichts von der Dramatik und Spannung der Erzählung nimmt.
Gefühlt war der vorherige Roman jedoch etwas besser, sodass ich hier mit 4,5 von 5 minimal schlechter bewerte.
Daten:
Autor: Dr. Sabine Fitzek
Titel: Verstorben
Herausgeber: Knaur TB (1. Dezember 2021)
Taschenbuch: 304 Seiten
ISBN: 978-3426524503