Heute ist es soweit – ich steige mit dem ersten von zwei Interviews in den 2. Teil unserer Interview-Reihe „Darf ich bitten: Deutsche Autoren im Interview“ ein. Diesmal ist Sabine Hahn, eine Kinderbuch-Autorin mein „Opfer“ und wie sie mir in einer Mail schrieb, haben meine Fragen ihr »Gelegenheit gegeben, in Ruhe mal wieder über vieles nachzudenken.« Darüber freue ich mich natürlich sehr und wünsche Euch jetzt viel Spaß beim Lesen.
Katja: Liebe Sabine, vielen Dank dass Sie mir die Gelegenheit geben, ein Interview im Rahmen der Aktion „Darf ich bitten – Deutsche Autoren im Interview“ mit Ihnen zu machen.
Fangen wir ganz einfach an … Verraten Sie mir doch ein bisschen was über den Menschen Sabine Hahn. Was bringt Sie zur Weißglut und was macht Sie glücklich?
Sabine Hahn: Hallo Katja, schön, dass ich bei Ihrer Interview-Aktion dabei sein darf.
Da fangen Sie ja gleich mit einer schwierigen Frage an… Was mich glücklich macht? Das kann sehr vieles sein: Meine Familie, ein nettes Wort, ein ehrliches Feedback, meine AG-Kinder, die mich laut über die Straße grüßen oder gerade momentan die Vorfreude auf das Erscheinen meiner Bücher.
Ich bin ein Mensch, der andere bis ins Innerste sehr genau beobachtet und wahrnimmt. Das erwarte ich oft genauso von anderen und ich denke, das ist es, was mich wiederum zur Weißglut bringen kann: Nicht wahrgenommen oder nicht verstanden zu werden.
Katja: Wie würden Sie sich mit drei Eigenschaften am ehesten beschreiben?
Sabine Hahn: Bunt, vielseitig, und (leider) sehr perfektionistisch. Dieser ehrgeizige Perfektionismus kann zeitweise unglaublich anstrengend werden… für mich selbst und ganz besonders für meine lieben Mitmenschen 🙂
Katja: Was ist für Sie der perfekte Tag?
Sabine Hahn: Ob es ein perfekter Tag wird oder nicht, merke ich meist schon beim Aufwachen. Das wird die Grundstimmung des Tages – je nachdem, ob etwas Schönes ansteht.
Der perfekte Tag beginnt jedenfalls, wenn auch meine Katze mal ausschläft und nicht vor 5.00 Uhr aus dem Haus möchte (Eine Katzenklappe gibt’s leider nicht…). Falls mein Mann und meine Kinder dazu genauso guter Dinge sind und keine 1000 Termine auf uns warten, kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Das reicht mir fast für einen perfekten Tag 🙂
Würde man dabei nicht immer älter werden, wäre außerdem mein Geburtstag der perfekte Tag überhaupt. Den genieße ich wirklich sehr. Da bin ich, wenigstens innerlich, – optisch ja weniger – doch noch etwas Kind geblieben…
Katja: Wie sieht ein „Arbeitstag“ bei Ihnen aus?
Sabine Hahn: Sobald die Katze ihren Morgenspaziergang macht und alle aus dem Haus sind, setze ich mich an den Computer und schaue, was sich auf all meinen Internet-Seiten so getan hat.
Ich beantworte Mails & Mitteilungen und gebe „schlaue“ Kommentare.
Gibt es etwas Neues über meine Bücher oder zu meinen kleinen Helden, zeichne ich ein kleines Bild, verfasse einen Post dazu und verlinke ihn auf Facebook und Co.
Danach hängt es davon ab, in welcher Phase sich mein neues Buch befindet: Entweder schreibe ich in den nächsten Stunden an neuen Kapiteln oder ich illustriere die Bilder dazu.
Mittags wird die Autorin ganz schnell wieder zur Mutter, kocht, hilft bei den Hausaufgaben und ist „Mama-Taxi“.
Habe ich später Glück und mir fällt unterwegs eine wahnsinnig tolle Idee ein, wird gleich vor Ort notiert, geschrieben und skizziert; ob nun beim Tierarzt oder beim Einkaufen. Also nicht wundern, falls man mich im Supermarkt zufällig zwischen Tomaten und Schlangengurken schreiben sieht…
Katja: Wer oder was inspiriert Sie?
Sabine Hahn: Wie ich in der ersten Antwort bereits gesagt habe, beobachte ich sehr viel.
Ich denke, das hängt vor allem mit meinem Kunststudium zusammen. „Geh‘ so aufmerksam durch die Welt, als ob du abends alles in einem Bild darstellen müsstest!“ Diesen Satz aus jener Zeit habe ich mir anscheinend sehr eingeprägt. Nicht nur Dinge und Menschen, sondern ebenso eine Situationskomik und plötzliche Gefühle oder Gerüche können inspirieren und mich spontan auf eine Idee bringen.
Katja: Was hat Sie zum Schreiben gebracht?
Sabine Hahn: Es ist nicht unbedingt so, dass ich von klein auf davon geträumt habe, Bücher zu schreiben. Das hat sich im Laufe meines Lebens und der Umstände langsam dazu entwickelt…
Im Nachhinein kann ich schlichtweg sagen, dass sozusagen aus einer Not eine Tugend entstanden ist: Ich war als Kind sehr schüchtern und habe mich im Unterricht oft nicht getraut, mich zu melden. Meine Möglichkeit zu zeigen, dass ich trotzdem alles gelernt hatte, waren die Klassenarbeiten. Das hat, außer in Chemie, ganz gut geklappt und diese Chance habe ich einfach zu meiner Stärke gemacht, sie unbewusst weiterentwickelt.
Das Schreiben ist, wie man sieht, von jeher ein wichtiger Bestandteil gewesen und in Verbindung mit meinen Zeichnungen mehr und mehr zum Gesamtprojekt „Buch“ geworden.
Katja: Wie lange dauerte es von der Idee über das Manuskript bis hin zum fertigen Buch?
Sabine Hahn: Das ist sehr unterschiedlich. Ich arbeite sehr schnell und effektiv, weil mir dazu ja nur wenige ruhige Stunden am Vormittag bleiben. Obwohl es hin und wieder leider vorkommt, dass ich stundenlang an einem Kapitel geschrieben habe, um nachmittags zu erkennen, dass es mir eigentlich überhaupt nicht gefällt.
Am nächsten Tag wird einfach nochmal von vorne begonnen. Das gehört dazu …
An meinem allerersten Buch, „Mia und der dicke Elefant“, habe ich nahezu ein ganzes Jahr gearbeitet – heimlich und unsicher, es überhaupt zu schaffen – und es eines Tages im Alleingang veröffentlicht.
Die nächsten Bücher, wie „Der Sternschnuppen-Wunschkalender“, „Henrys Zauberbusch“ und „Die Hockey Kids“ gingen wesentlich schneller und ich habe über meine Internet-Seiten andere an ihrer Entwicklung teilhaben lassen. Es ist sehr interessant und motivierend zu sehen, wie sich alle mit mir über meine neue „Buch-Schwangerschaft“ freuen.
Außerdem habe ich gerade bei den Hockey Kids mit Chris Faust einen tollen Berater an meiner Seite, mit dem ich in ständigem Austausch bin. Das stärkt …
Ich selbst bin im Schnitt nach etwa 4 Monaten mit einem Buch fertig. Nach dieser Zeit ist es geschrieben und fertig illustriert. Danach kommt es darauf an, wann mein Verlag es bearbeiten kann.
Katja: Mussten Sie viele Verlage „abklappern“ bis das Manuskript angenommen wurde? Wo waren Sie als DER Anruf kam mit der Nachricht: Es wird gedruckt!
Sabine Hahn: Da ich schon in einem etwas fortgeschrittenen Alter bin, wollte nicht erst ewig auf eine mögliche Zusage eines Verlages warten. Deshalb habe ich nicht den herkömmlichen Weg gewählt, sondern meine ersten beiden Bücher eigenständig als Book-on-Demand herausgebracht. Das ging schnell, ich benötigte kein Budget und mit einem Mal war ich Autorin.
Ich selbst war von meinen Büchern überzeugt und voller Ungeduld zu sehen, wie meine Bildchen und Geschichten bei den Menschen so ankommen. Irgendwann würde man bestimmt auf mich aufmerksam werden, hoffte ich… und sollte Recht behalten.
Das Internet wurde nach und nach zu meinem wichtigsten Medium: Um den Verlagen und Menschen zu zeigen, was alles in mir steckt und wie ich schreibe, habe ich angefangen zu posten, meinen Blog zu gestalten und über Twitter und Facebook alle Welt zu informieren.
Ja und schließlich kam es dadurch irgendwann tatsächlich zum Kontakt mit dem Casimir-Verlag, der ein Probe-Exemplar meines Weihnachtsbuches wünschte…
Diesen Moment werde ich wohl nie vergessen, in dem ich mir bei dessen Zusage dachte: „Alles richtig gemacht!“ Ich saß damals am Schreibtisch, habe die Nachricht per Mail bekommen und musste sie dreimal lesen, um es zu glauben.
Katja: Wo nehmen Sie die Inspirationen für Ihre Geschichten her?
Sabine Hahn: Ich bin ständig von Kindern umgeben, ob nun meine eigenen, fremde, in der Schule oder auf dem Hockeyplatz. Da bleibt es nicht aus, dass ich Streitereien, Lustiges, und Aufregendes miterlebe. Für mich, die ich Kinderbücher schreibe, ist es sehr wichtig, dabei zu sein. Nicht nur, um auf neue Ideen zu kommen, sondern um Kinder ein Stück weit verstehen zu lernen.
Erst mit diesem Wissen kann man meiner Meinung nach auch FÜR sie und ÜBER sie schreiben…
Ansonsten taucht in meinen Büchern hin und wieder ein wenig „Autobiografisches“ auf. Im „Sternschnuppen-Wunschkalender“ zum Beispiel. Dort musste die Mama vor einigen Jahren mit ihrer Tochter Weihnachten im Krankenhaus „feiern“. In der Geschichte kurz erwähnt, könnte ich da leider ein ganzes Buch darüber schreiben… Oder Lenas Freude am Hockeyspielen in den „Hockey Kids“. Da brauche ich nicht lange zu überlegen, sondern schreibe oft über meine eigene Hockey-Freude und -Gedanken.
Es gibt so viel Selbsterlebtes, Schönes sowie extrem Trauriges, das ich im Kopf habe, dass ich sogar äußerst intensiv darüber schreiben könnte, wie es sich anfühlt, wenn der kleine Bruder sehr früh und plötzlich stirbt…
Katja: Ihr Werdegang ist beeindruckend. Sie haben als Kind Comicbilder gezeichnet, später eine Ausbildung zur Buchbinderin gemacht und können obendrauf ein Studium in Französisch und Kunstpädagogik aufweisen. War der Wunsch, Autorin zu werden, schon immer vorhanden oder hat ihre Ausbildung den Wunsch bestärkt?
Sabine Hahn: Ja, im Nachhinein erscheint das Ganze möglicherweise ziemlich beeindruckend und unsere Schülerzeitung war in der Tat immer besonders hübsch illustriert 🙂
Allerdings war mein Weg nicht wirklich von Anfang an in die Autoren-Richtung geplant.
Meine Ausbildung zur Buchbinderin war nach dem Abitur eigentlich eher Plan B. Doch wie so oft im Leben war gerade dieser gedachte Umweg genau die richtige Entscheidung.
So lernte ich also Bücher zu binden und ließ sie mit Leder, Pergament und Blattgold zu kleinen Kostbarkeiten werden. Dennoch merkte ich nach einer Weile, dass sich meine zweite Muttersprache in mir langweilte, ich nach etwas Anderem suchte und mit Kindern arbeiten wollte. Ich packte die Aufnahmeprüfung, begann mein Studium und bin nach und nach über verschiedene Stationen zu dem geworden, was ich heute bin: glückliche Kinderbuch-Autorin.
Katja: Ihre Leidenschaft ist es, laut ihrer Homepage „zu zeichnen, zu schreiben und Kinder mit meinen Geschichten fantastische Buchreisen erleben zu lassen“. Ist es in ihren Augen sehr wichtig, dass Kinder lesen? Was sollten Eltern tun, um Kinder an Bücher heranzuführen?
Sabine Hahn: Kinder sind neugierig und lassen sich gerne für etwas begeistern. Vor allem für bunte Bücher, die sie in eine Welt führen, in der sie sich wiederfinden oder in eine fremde, in der sie Abenteuer erleben können. Sie freuen sich, wenn sie etwas Lustiges lesen und darüber lachen können. Das macht Lust auf mehr.
Ich selbst habe meinen Kindern von Anfang an Bücher in die Hand gegeben: Erst aus speichelfestem Kunststoff, später aus Pappe und schließlich als dicke Wälzer. Sie sind immer von Büchern umgeben gewesen und haben viel vorgelesen bekommen. Wahrscheinlich ist ihr Bücherregal heute schon voller als das mancher Erwachsener.
Lesen ist wichtig, um seinen Wortschatz zu erweitern, die eigene Rechtschreibung zu trainieren und um zu entspannen.
Allerdings sollten Eltern nicht zu viel von ihren Kindern erwarten: Ein Kind wird leicht zum passionierten Leser, vorausgesetzt die Eltern nehmen als gutes Beispiel hin und wieder selbst ein Buch in die Hand oder lesen wenigstens Zeitung…
Wer nicht gerne liest, braucht sich demnach nicht zu wundern, dass sein kleines Spiegelbild ebenso wenig Interesse zeigt.
Katja: Was war das erste Buch, das Sie selbst gelesen haben, an das Sie sich noch bewusst erinnern können?
Sabine Hahn: Meine Eltern haben mir erst vor kurzem einige meiner ersten Bücher gegeben, die sie auf dem Dachboden gefunden hatten. War das ein komisches Gefühl, wieder darin zu blättern und sich an die Geschichten zu erinnern! Ich denke, mein erstes Buch wird „Tobi, unser frecher Dackel“ von Enid Blyton gewesen sein. Das lässt zumindest der Zustand des Buchdeckels und das Erscheinungsjahr vermuten – Ein Kinderbuch des Schneider Verlags. Aus dieser Reihe hatte ich unendlich viele Bücher und hier fing meine Leselust und Bücherfreude an…
Katja: Gibt es einen Autor / eine Autorin, die sie in ihrer Kindheit / Jugend begleitet hat und zu dessen Büchern sie heute noch gern greifen?
Sabine Hahn: Ich liebe Janosch. Seine Bücher habe ich erst nach meiner Kindheit entdeckt, doch „Oh wie schön ist Panama“ ist mein absolutes Lieblingsbuch in der Kinderwelt. Es ist bunt, die Figuren sind allerliebst und die Geschichte mit ihren wichtigen letzten Worten einfach wunderschön und gibt jedem zu denken. Dieses und einige seiner anderen Bücher habe ich meinen Kindern später wieder und wieder vorgelesen.
Katja: Könnten Sie sich vorstellen, auch für Erwachsene zu schreiben? Wenn ja – welches Genre würden Sie dann wählen?
Sabine Hahn: Ich kann mich immer aufs Neue für Marcel Pagnol begeistern, dessen Bücher ich während meines Französisch-Studiums für mich entdeckt habe. Seine Art, seine Verbundenheit zur Provence und sein Verhältnis zu den Menschen in Worte zu fassen, hat mich sofort angesprochen. Sie ist ehrlich und sehr einfühlsam. So würde ich mir mein eigenes Buch vorstellen, sollte ich jemals eines für Erwachsene schreiben wollen. Frankreich würde da garantiert eine große Rolle spielen. Vielleicht in Richtung Peter Mayle, denn zum Thema Auswanderung könnte ich mit meinen Wurzeln einiges erzählen…
Ich weiß nicht, wie man dieses Genre nennen würde: Reiselust-weckend und Lebensgefühl-näher-bringend. Jedenfalls nichts in Richtung Fantasy oder Krimi.
Katja: Auf Ihrer Homepage bieten Sie auch viele Extras für Kinder an: Ausmalbögen, Bastelbögen und vieles mehr. Wie kommen Sie auf solche Ideen?
Sabine Hahn: Meine Homepage soll eine Informations-Seite für Eltern UND ihre Kinder sein. Hier können sie einen Blick in die Leseproben werfen, etwas zu meiner Person erfahren und Kontakt für eventuelle Lesungen oder (Buchbinde-)Workshops herstellen.
Damit die Kinder sofort etwas von mir in den Händen halten und meine Buchfiguren kennenlernen können, gibt es diese kostenlose Unterhaltungs-Downloads, zu denen auch ein Stundenplan gehört, und Online-Puzzles.
Auf diese Art werde ich zu einer Autorin, die nicht so unnahbar erscheint, wie man das sonst vielleicht kennt. Der Kontakt zu den Kindern ist mir sehr wichtig.
Katja: Und zum Schluss: Gibt es schon ein neues Projekt und wenn ja, mögen Sie uns noch etwas darüber erzählen?
Sabine Hahn: Da mich meine drei Bücher, die jetzt alle zeitgleich im Casimir-Verlag erscheinen, sehr auf Trab halten, bleibt aktuell eher wenig Zeit, um außer Terminlichem und Organisatorischem noch etwas Anderes zu tun.
Trotzdem habe ich es geschafft, zwei neue Bücher zu schreiben, die jetzt ungeduldig auf ihre Illustrationen warten. Aber mehr wird nicht verraten, es sei denn, man trifft mich mal zwischen Tomaten und Schlangengurken und fragt danach ….
… ein kleines Feedback nach unserem schönen Interview: Ich freue mich über die vielen netten Kommentare und Likes, auch auf meinen Seiten, die ich dazu bekommen habe! Das zeigt mir, dass dieses persönliche „Gespräch“ anscheinend genauso aufgenommen wurde, wie ich es selbst empfunden habe 🙂 DANKESCHÖN!
Danke Frau Hahn, das freut mich sehr.
Ein sehr offenes dennoch persönliches Interview. Sehr schön
Ein tolles Interview. Die Autorin klingt sehr sympathisch! Leider kenne ich noch gar kein Buch von ihr…
Ein wirklich tolles Interview!
Schön, dass du es trotz Baby hinbekommen hast, Katja 🙂
Ich danke Dir. Es hat mir viel Spaß gemacht, die Autorin zu interviewen 🙂