Das Indien-Epos aus der Feder von Kenize Mourad lasst mich minimal zwiegespalten zurück. Ein klein wenig kämpfen meine Gedanken und Gefühle zu diesem Buch miteinander.
Auf der einen Seite finde ich das Thema wahnsinnig interessant und habe mich riesig gefreut, als ich das Buch durch Zufall auf den Seiten des Random House –Verlages entdeckt habe. Habe ich doch vor einigen Jahren schon „Im Namen der toten Prinzessin“ gelesen und war restlos begeistert.
Mit ihrem Schreibstil, der prächtigen und üppigen Sprache und der eindringlich beschriebenen Szenen in ihrem Buch schafft es die Autorin auch diesmal wieder, zu faszinieren und die unterschiedlichsten Gefühle im Leser hervorzurufen.
Diese gehen von Staunen über die Pracht im Harem, die Bankette mit den opulenten Speisen und die prachtvollen Bauten bis hin zum Grauen über die Methoden, die die englischen Besatzer den „Eingeborenen“ gegenüber anwandten.
Die Arroganz ebendieser gegenüber den Indern ist unglaublich, die Herrschsucht und vorallen Dingen die Überheblichkeit der Engländer wird hier sehr hervorgehoben und dem Leser nahe gebracht.
Die Intrigen im Harem sind auch schier unglaublich, aber mit so vielen Frauen auf einem „Haufen“, die um die Gunst des Herrschers buhlen, ist das schon fast vorhersehbar.
Die junge Begum wird als eine selbstbewusste, charismatische und intelligente junge Frau dargestellt, eine Frau die den Besatzern die Stirn bietet. Es ist in meinen Augen eine äußerst gelungene Darstellung, die eine besondere Zeit und eine besondere Stadt gekonnt in Szene setzt.
Hier würde ich den Roman ohne weiteres 5 Sterne geben. Wenn, ja wenn da nicht die andere Seite der Medaille wäre.
Denn ich muss eines ganz stark bemängeln. Über weite Teile des Buches rückt die Geschichte der Begum Hazrat Mahal sehr stark in den Hintergrund. Schuld daran sind die teilweise über Seiten hinweg zu detaillierte Schilderungen des Aufstandes, der Gräueltaten der Besatzer.
Die Autorin räumt über etliche Längen hinweg den trockenen historischen Fakten zu viel Platz ein.
Hier mutet der Roman dann nicht wie ein Roman sondern wie eine trockene Geschichtsstunde über den Sepoy-Aufstand an. Der Lesefluss wird unterbrochen, die Freude am Lesen des Buches nimmt ab bzw. verschwindet sogar kurzzeitig.
Dazu kommt das die Erzählstänge ständig zwischen der britischen Armee und der Begum hin und her wechseln, was gerade in dem Moment, als sich die Ereignisse schier überschlagen, störend wird. Hier verändert sich der Schreibstil von detailliert und fesselnd zu sachlich-distanziert. In solchen Momenten fällt es mir schwer, dran zu bleiben und weiter lesen zu wollen.
Außerdem gibt es in meinen Augen viel zu viele Protogonisten, es wimmelt nur so von Namen, Verflechtungen und Verwicklungen, so dass es mir doch immer wieder schwer fiel, die Personen auseinander zu halten. Schwierig wurde es dann, wenn eine Person unter verschiedenen Bezeichnungen / Namen „aktiv“ war.
Abschließend bleibt mir nur zu sagen, dass es zwar ein über Strecken hinweg sehr interessantes Buch hat, das jedoch immer wieder an Spannung verliert und daher das Lesen nicht immer zu einem Vergnügen gemacht hat.
Insofern kann ich dem Buch auch leider nur 3 von 5 möglichen Sternen geben.
Daten:
Autor: Kenize Mourad
Titel: Die Stadt aus Gold und Silber
Gebundene Ausgabe: 448 Seiten
Verlag: Blanvalet Verlag (Mai 2012)
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3764504489
Originaltitel: La ville d’or et d’argent