Mein heutiger „Gedankensplitter“ beschäftigt sich mit einem Thema, das beim Schreiben von Büchern häufig eine Rolle spielt und bei manchen Büchern besser eine Rolle spielen sollte. Es geht um Recherche.
Der Begriff Recherche (französisch recherche, ‚(Nach-)Forschung‘, ‚Suche‘, ‚Untersuchung) bezeichnet die gezielte, nicht beiläufige Suche nach Informationen.
Ich weiß ja nicht, wie es Euch so geht. Aber wenn ich ein Buch lese, dann hat das bei mir zwei „Aufträge“:
Zum einen soll es mich gut unterhalten und zum anderen möchte ich auch – so komisch das vielleicht klingen mag, etwas lernen. Ja, tatsächlich. Ich will so ganz nebenbei auch noch etwas Wissen abgreifen.
Es gibt Autoren, die nehmen die Hintergrundrecherche für ein Buch sehr ernst: Sie gehen extra auf Reisen, um die Handlungsorte zu entdecken. Sie wollen damit erreichen, dass sie die Landschaften und Orte so detailliert beschreiben können, dass man meint, direkt dort zu sein. Die Luft zu atmen, den Boden zu spüren, einfach dort zu sein. Oft liest man auf den Homepages der Autoren oder in den sozialen Netzwerken, dass diese auf Reisen gehen, um sich von Land, Leuten und Begebenheiten selbst ein Bild zu machen.
Wie oft beneide ich dann die Autoren, die vielleicht gerade in mein Lieblingsland, in mein Traumland fliegen.
Es gibt Autoren, die sich via Internet und Bibliothek über ein bestimmtes Thema tage- und wochenlang informieren. Die sich in das Thema einarbeiten und sich alles Wissenswerte aneignen. Die halb in Informationen ertrinken und es schaffen, diese so zu reduzieren und in das Buch einzuarbeiten, dass der Leser sich unterhalten fühlt. Dass er das Buch gerne liest, obwohl oder gerade weil viele wissenswerte Informationen zu bestimmten Themen eingestreut werden.
Hier muss ich sagen, beneide ich die Autoren nicht. So eine Recherche kann ganz schön zeitaufwendig sein, viel Kraft kosten und nicht selten kommen auch hier Familie und Freunde zu kurz.
Das heißt nicht, dass der Autor einen schulmeisterlichen Ton annimmt. Nein, meist schafft der Autor dies mit seinem ganz gewohnten Schreibstil, so dass es gar nicht auffällt.
Es gibt Autoren, die besuchen Seminare oder Kurse zu einem bestimmten Thema in ihrem nächsten Buch, um vielleicht den Entstehungsprozess zu erleben und dann darüber schreiben zu können. Dabei gewesen zu sein vermittelt ein ganz anderes Gefühl, einen ganz anderen Blick. Ich denke da nur an Hannah Caspian, die zum Beispiel ein Seminar zum Thema Bierbrauen besucht hat.
Es gibt Autoren, die ihr bereits vorhandenes Wissen nutzen. Vielleicht haben sie genau das erlebt worüber sie schreiben? Kennen Beruf oder Landschaft etc. schon selbst? Oder sie haben im Familien- und Freundeskreis Personen, die über ein gebündeltes fundiertes Wissen über genau ihr Thema verfügen.
Und dann … dann gibt es Autoren, die das kleine Wörtchen Recherche nicht ernst nehmen. Die in ihren Büchern mit Begriffen, Hierarchien und Fakten um sich „werfen“, die sich bei einer einfachen Recherche im Internet als falsch herausstellen.
Gut – wie der Leser darauf reagiert kommt immer darauf an, aus welchem Grund er das Buch liest. Ich gehe hier einfach mal von mir aus.
Wie eingangs erwähnt lese ich ein Buch aus zwei Gründen: Unterhaltung und „Lerneffekt“. Und es kann ganz leicht passieren, dass ich mir Notizen mache und später einzelne Begriffe oder Daten google.
Und wenn ich dann merke, dass mir im Buch falsche Informationen vermittelt haben, bin ich enttäuscht. Stelle ich dann aber fest, dass genau diese falsche Information das ganze Buch über ständig kommt, werde ich sauer.
Warum macht man das? Wenn man ein Buch nicht ohne fundiertes Wissen schreiben kann, dann gibt es in meinen Augen nur zwei Wege: Man lässt es sein oder aber man informiert sich gründlich. Klar, so eine Recherche ist eine Zeit- und damit bei vielen Autoren auch eine Kostenfrage. Schließlich arbeiten die meisten Autoren neben ihren eigentlichen Brotjobs an einem Buch. Recherche heißt in den meisten Fällen, noch weniger Zeit mit der Familie. Aber Recherche heißt auch, vielleicht zufriedenere Leser.
Eine Autorin schrieb mir auf meine Frage, wie lange sie recherchiert „Das kommt drauf an, wie gut ich ein Thema schon kenne. Häufig ist es auch ein schleichender Prozess, d.h. ich sammle über Wochen hinweg Infos, bis es zur Story passt. Ich würde generell sagen mindestens ca 1 Woche, also so 60 Stunden, die aber dann auch konzentriert – bei bekannten Themen. Bei unbekannter Materie auch das Doppelte/Dreifache.“
Eine zweite Autorin schrieb, dass Recherche für sie SEHR WICHTIG ist. „ … Ich nehme immer historisch interessante Wendepunkte der Geschichte oder spannende Aspekte … und binde meine Geschichten in die tatsächlichen historischen Begebenheiten ein, so dass die Leser Wissenswertes über die Zeit erfahren und einen Einblick in eine geschichtliche Epoche bekommen, der real ist und tatsächlich auch wirklich so stattgefunden hat.“ Sie legt größten Wert auf historische Korrektheit, auch wenn viele recherchierte Aspekte weggelassen werden müssen. Aber das, was im Buch vorkommt, sollte aber korrekt sein, meint sie.
Eine dritte Autorin meinte: „Als Autorin nehme ich mir zwar gerne einen schriftstellerischen Freiraum, aber bestimmte Dinge möchte ich dennoch korrekt beschreiben.“ „Manchmal“, so gibt sie an, „gibt es viel zu recherchieren, manchmal fast gar nichts. Mitunter geht da sehr viel Zeit drauf. Entweder man verliert sich im World Wide Web, oder man sucht sich bucklig weil man einfach nicht weiß, wo man anfangen soll. Trotzdem mag ich Recherchearbeit schon gerne. Man lernt ja nie aus.“ Schwierig wird es, wenn sie voll im Schreibfluss ist. Dann braucht sie keine Ablenkung und wichtige Fragen müssen bis später warten.
Eine vierte Autorin schrieb mir, dass sie das Thema sehr ernst nimmt. Sie recherchiert ausgiebig für ihre Bücher, alle ihre Bücher haben ein Nachwort und eine lange Literaturliste. (Silvia Stolzenburg)
Es haben noch einige Autorinnen mehr meine Frage beantwortet:
» Ich finde, Recherche ist unheimlich wichtig. Man merkt als Leser, wenn der Autor sich keine Zeit dafür genommen hat, noch mehr, wenn man selbst im Thema drin steckt.«»Ohne Recherche .. würde ich mich zu Tode langweilen, ich möchte immer etwas Neues dazulernen und betrachte es als Herausforderung, das Wissen so einzubauen, das man es beim Lesen mit wegschlürft.« (Sylvia Lott)
» Recherche ist unglaublich wichtig. Und ich glaube, nichts vergrault einen Leser schneller, als ein schlecht oder falsch auf den Punkt gebrachtes Thema im Buch. «
»Ich recherchiere die Handlungsorte für meine Romane sehr intensiv. Die Leser sind sehr aufmerksam in dieser Hinsicht. … Als Leserin ärgere ich mich über schlecht recherchierte Geschichten. Bei offensichtlchen Ungereimtheiten schreit mein Leserherz empört auf. :-)« (Marleen Reichenberg)
Warum ich auf dieses Thema gekommen bin?
Ich habe in den letzten Tagen ein Buch gelesen, das vielleicht hätte ein wenig besser sein können, wenn es besser recherchiert gewesen wäre. Wenn sich derselbe Fehler nicht durch das gesamte Buch – quasi als Wiederholungstäter – gezogen hätte. Wenn nicht andere Fehler, die man durch einfache Suchen bei Google und Wikipedia hätte vermeiden können, aufgetaucht wären.
Vielleicht wäre mit einer (gründlicheren) Recherche das Buch tatsächlich ausgereifter und damit auch besser gewesen und es wäre mir leichter gefallen, über fehlende Spannungsbögen und andere logische Fehler hinweg zusehen.
Klar, Fehler können passieren, aber eine gewisse Grundrecherche sollte schon sein …
So aber hat die Autorin momentan bei mir keine Chance mehr, auf meinem SUB zu landen. Vielleicht später mal wieder – in ein oder zwei Jahren – aber aktuell nicht.
Nun wüsste ich noch gerne, wie es bei Euch ausschaut? Ist Euch als Autoren eine fundierte Recherche wichtig? Und ihr Leser – wisst ihr gut recherchierte Bücher, gut recherchierte Themen auch zu schätzen?
Schreibt mir – ich bin neugierig was ihr über das Thema denkt.
Buchige Grüße
Eure Katja
PS: Ich habe aus gutem Grund – meistens – auf die Nennung irgendwelcher Namen verzichtet 🙂
genialer Artikel, und ich kann dir nur in allen Punkten zustimmen