Das Buch „Kranichland“ der Autorin Anja Baumheier erzählt die Geschichte einer Familie, die sich über gut achtzig Jahre erstreckt. Entdeckt habe ich das Buch eher nur durch Zufall, es wurde dann ein spontaner „Frustkauf“ da an dem Tag alles schief ging was schief gehen konnte.
Am Abend zu Hause wollte ich nur mal kurz reinlesen … und tauchte erst nach 100 Seiten wieder auf. Der Rest der 430 Seiten war dann in drei weiteren Tagen geschafft.
Klappentext:
Die Groen-Schwestern wachsen im Ost-Berlin der sechziger Jahre heran. Unterschiedlicher könnten die beiden Mädchen nicht sein: Charlotte, die ältere, brennt ebenso für den Sozialismus wie ihr Vater Johannes, der am Ministerium für Staatssicherheit Karriere macht. Die künstlerisch begabte Marlene hingegen eckt überall an und verliebt sich Hals über Kopf in Wieland, einen Pfarrerssohn, der die DDR kritisch hinterfragt. Mit jedem Tag wächst die Sehnsucht nach einem Leben in Freiheit. Als das junge Paar beschließt, in den Westen zu fliehen, trifft Marlenes Vater eine Entscheidung – mit fatalen Folgen, die noch Jahrzehnte später spürbar sind …
Alles beginnt 1936 in Schlesien, als wir Johannes (Hannes) kennenlernen. Er flüchtet in den Kriegswirren nach Rostock, wo er Elisabeth (Lisbeth) kennen und lieben lernt. Mit ihr erlebt er den Aufbau der DDR, bekommt zwei Töchter – Charlotte und Marlene.
Die Geschichte, die die Autorin mit wunderbaren Worten, einer phantastischen Sprache und tiefgehenden „Bildern“ erzählt, hat mich von der ersten Sekunde – von der ersten Seite an, total in seinen Bann gezogen.
Einen Fehler durch eine Lüge zu verdecken heißt,
einen Flecken durch ein Loch zu ersetzen“
(Aristoteles)
[Zitat Seite 45]
Obwohl (fast) genauso alt wie ich schafft sie es, ein großes Stück deutsche Zeitgeschichte so zu erzählen, als ob sie alles selbst erlebt hat. Die Bombennächte und die Vertreibung, die Verzweiflung und Hoffnung. Den Wiederaufbau Deutschlands und die Gründung der DDR, die Teilung des Landes bis hin zur Wiedervereinigung und darüber hinaus. Anhand der Familie Groen erleben wir die Zeit mit, begleiten sie durch die Zeit hindurch, schauen in die Vergangenheit und die Gegenwart.
Mich haben die Beschreibungen in dem Buch zum Lachen und zum Weinen gebracht, zum Innehalten und Erinnern (ganz besonders an die Zeit der Wende). Fassungslos habe ich miterlebt, wie sich Johannes verändert. Wie er sich manipulieren lässt, wie er quasi seinen Job und das „gute Leben“ über seine Familie stellt. Ich habe zugesehen wie unterschiedlich sich zwei Schwestern entwickeln können und wie eine große Kult entstehen kann. Es kamen Erinnerungen an meine Zeit in der DDR hoch, sei es bei den Beschreibungen der Jung- und Thälmannpioniere als auch bei den Beschreibung der Speisen bei Feierlichkeiten.
»Man muss nur daran glauben, dass Glück möglich ist,
um glücklich zu sein.«
[Zitat Seite 300]
Selten hat mich ein Buch so sehr berührt und gefesselt, zum Nachdenken und Reflektieren gebracht und noch seltener ist es, dass ich keine Worte finde. Mir fehlen die Worte um richtig rüberzubringen, was das Buch in mir ausgelöst hat. Mir fehlen die Worte, dir als meinem Leser begreiflich zu machen, was mich an dem Buch so sehr fasziniert hat, dass ich es am liebsten jedem Leser ans Herz legen würde.
Vielleicht ist es mir ja doch gelungen und du gehst wie eine liebe Berliner Freundin los, und kaufst das Buch für Dich oder als Geschenk für jemanden, der dir am Herzen liegt. Dann hab ich alles richtig gemacht.
Von mir noch ein Gedanke zum Buch: Dieses Buch ist ein Erstlingswerk? Echt jetzt? Dann bin ich echt gespannt wohin sich die Autorin noch entwickeln will. Und ich bin sehr gespannt auf das Buch „Kastanienallee“, welches im August diesen Jahres erscheinen soll.
»… Schlimmer als blind sein ist, nicht sehen zu wollen.«
[Zitat Seite 388]
Von mir gibt es 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung.
Daten:
Titel: Kranichland
Autor: Anja Baumheier
Taschenbuch: 432 Seiten
Verlag: Rowohlt Taschenbuch (März 2019)
ISBN: 978-3499274015