Als ich erfahren habe, dass es eine Fortsetzung mit Toni Sanftleben mit „Stille Havel“ gibt, konnte ich gar nicht den Erscheinungstermin erwarten. Bei einer Fortsetzung sind meine Erwartungen sehr hoch, vor allem wenn die Vorgängerbände so genial sind. Aber die Erwartungen wurden übertroffen. Denn es ist Tim Pieper gelungen, die bisherigen Protagonisten so weiter zu entwickeln, dass es so scheint, als würde man sie kennen. Beim Lesen habe ich mich immer Toni nahe gefühlt und war teilweise mit im Kommissariat (interessant dort :-)). Wie oben schon geschrieben, finde ich, dass es Tim Pieper sehr gelungen ist, die Protagonisten wie Staatsanwältin Caren Winter und die beiden Ermittler Gesa und Phong so darzustellen, wie es im realen Leben ist. Da gibt es hier und da Reibereien.
Toni’s Entwicklung finde ich sehr gut dargestellt, sein Kampf gegen Dämonen ist fast spürbar. Das drückt sich in diesem Abschnitt (Seite 44) deutlich: „Ja, ihn selbst müsse es kümmern, was für eine Figur er abgab. Er war davon überzeugt, dass jeder Mensch eine Entscheidung treffen konnte, wen er darstellen wollte. Er konnte ein Mann sein, der im Selbstmitleid zerfloss, oder ein Mann, der das Beste aus den Umständen machte und tat, was zig Millionen a auch taten: weitermachen, sich an den kleinen Dingen erfreuen und auf bessere Zeiten hoffen. Dad teigt, dass wenn man kämpft, am Ende Erfolge da sind.
Mit diesem Teil taucht man beim Lesen mit dem Tod des Kunstsachverständigen in das Treiben von Berlin kurz vor Beginn des 2. Weltkriegs ein. Was für ein Flair und Aufbruchsstimmung da vorherrschend war. Da kommt dann auch Lydia Riefenberg ins Spiel. Als einfaches Mädchen hat sie das Leben in der Leipziger Eckkneipe ihres Vaters satt. Sie möchte was in ihrem Leben erreichen und sie scheint Talent zu haben. Sie macht alles möglich, um ihr Ziel zu erreichen. Sicherlich lässt sie sich benutzen und zieht daraus ihren Vorteil, aber steht es uns zu, darüber zu urteilen? Seite 122: „In diesem Augenblick lag so viel Schönheit, dass sie nicht länger traurig sein wollte. Sie musste die Ereignisse anders bewerten und durfte sich nicht als Opfer fühlen. …. . Mit den wenigen Vorzügen, die ihr von der Natur gegeben waren, hatte sie ihr Schicksal selbst in die Hand genommen. Jetzt durfte sie nicht verzagen und sich nicht um den Erfolg bringen. Jetzt musste sie ihren Weg weitergehen. Zäh, mutig und entschlossen.“ Der Kriminalroman wird perfekt mit viel Geschichte und Handlung aus der NS-Zeit gespickt und ich habe vieles dazu gelernt, wie einige NS-Größen agiert haben. Ein Buch muss unterhaltsam, spannend und auch bilden sein.
Auch mit“ Stille Havel“ setzt Tim Pieper sein Schreibstil fort, kurze spannende Kapitel, die hier auch noch zwischen den Zeiten Wechsel, ganz hohe Kunst.
Eine klare Leseempfehlung, lest dieses Buch bzw. die Reihe.
Mein Dank geht an Tim Pieper für die tolle Lesestunden, die ich mit Toni hatte und den Emons Verlag für das bereitgestellte Buch.
Daten:
Autor: Tim Pieper
Titel: Stille Havel
Taschenbuch: 336 Seiten
Verlag: Emons Verlag (September 2019)
ISBN: 978-3740806705