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You are Wanted – die Serie

Wann auch immer ein Hype um ein Thema gemacht wird, von Bestsellern geschrieben wird oder ein wie auch immer gearteter Trend ausgerufen wird, bin ich skeptisch. Denn auf der anderen Seite: Je länger im Voraus für etwas Werbung geschalten wird, je höher die Erwartungshaltung an etwas ist, desto leichter kann die Enttäuschung kommen.

Im Falle von „You are wanted“, der ersten deutschen Amazon Prime Serie, mischten sich von Anfang an die Bewertungen. Einige lobten die Serie schon Tage nach Erscheinen in den Himmel, andere machten aus ihr einen Verriss.

Ein guter Startpunkt, um sich eine eigene Meinung zu bilden, oder?

Ich hatte vor, dies in doppelter Hinsicht zu tun. Erstens wollte ich die komplette erste Staffel sehen – da wir Amazon Prime Kunden sind kein Problem – und zweitens wollte ich die Serie mit der Buchvorlage von Arno Strobel vergleichen.

Hier nun erst einmal zu Serie (Achtung, kann Spoiler enthalten):

  • Zur Geschichte

Lukas Franke, gespielt von Matthias Schweighöfer, führt ein tolles Leben. Er ist ein junger erfolgreicher Hotelmanager in Berlin, verheiratet mit einer schönen Frau (Alexandra Maria Lara) und hat einen süßen Sohn. Alles ändert sich, als er nach einem Berlin-weiten Black-out feststellt, dass er gehackt wurde. Ein ihm unbekannter hat sich Zugriff auf sein Leben verschafft und fängt Stück für Stück an, ihn zu diskreditieren.

Schnell wird die Polizei auf den vermeintlich kriminellen Franke aufmerksam, dessen Geschichte einem Puzzle gleich, erst Stück ins Gesamtbild passt. Was erfunden und was wahr ist, klärt sich erst im Verlauf auf und es zeigt sich, dass auch Franke selbst Leichen im Keller hat.

  • Aufbau

Die erste Staffel ist, so heißt es, analog dem Thriller von Arno Strobel aufgebaut. Dies zu überprüfen wird Thema eines späteren Artikels sein.

In 6 Episoden zu je rund 45Minuten wird die Geschichte von Lukas Franke erzählt. Dabei wird aus seiner Perspektive, aber auch aus der seiner Frau, der ermittelnden Polizeibeamten, aber auch der seiner Kontrahenten erzählt. Es gibt Rückblenden und Zeitsprünge, was es zum Teil schwierig macht, dem Verlauf zu folgen. Dies ist jedoch ein typisches Stilmittel von Thrillern und trägt auch hier zum enormen Spannungsaufbau bei. Die Folgen sind zwar abgeschlossen, gehen aber fließend ineinander über, Cliffhanger inbegriffen. Erst wenn man die komplette Staffel gesehen hat (Folge 5 und 6 besonders hervorzuheben), bekommt man ein umfassendes Bild.

  • Schauspieler

Matthias Schweighöfer, sonst eher in Komödien zuhause spielt hier unglaublich auf. Man nimmt ihm die Rolle ab, authentische Mimik, Gestik und vor allem die inneren Konflikte des Protagonisten – sein Schauspiel ist hervorragend. Auch die Nebenrollen sind prominent besetzt. Mit Alexandra Maria Lara als dessen Frau Hanna ist eine gleichwohl schöne, als auch zwiespältige Rolle entstanden. Zwar ist sie im Beruf die starke, kreative und erfolgreiche Mutter, doch die Verunsicherung lässt sie straucheln und gibt der Figur eine gewisse Tiefe. Leider bleibt sie auch etwas blass, die inneren Konflikte, die Zerrissenheit, der Kampf für die Familie – hier hätte wesentlich mehr kommen müssen. Mit Karoline Herfurth (actionreich in Szene gesetztes Bad Girl in Lederkluft, aber sonst eher schwach), Tom Beck (Schwere Rolle, der Tiefgang kommt erst spät, dann aber mit Nachdruck – gut gespielt), Jörg Pintsch (ein bisschen Geheimtipp, da sehr charismatisch gespielt) und weiteren Größen braucht sich die Serie nicht verstecken. Die Darstellung der Polizeibeamten erinnerte mich etwas an die Henning Mankel Verfilmungen, in denen auch die Gesetzeshüter sehr menschlich herüber kommen. Mir haben Catrin Striebeck und Edin Hasanovic in ihren Rollen auf jeden Fall zugesagt.

  • Bildsprache, Kameraführung, Vertonung

Hier kommt es stark auf den Standpunkt an. Nimmt man „Tatort“, Soko XYZ“ oder ähnliche Serien als Vergleich, so fallen zwei Dinge auf – erstens: wird deutlich mehr und bildgewaltigere Action geboten, die Kameraführung ist dynamischer und erreicht eine tolles Niveau, die Schnitte sind schnell und zackig, die Vertonung mit Hintergrundmusik in den Szenen – all das spielt in einer völlig andere Liga. Zweitens aber nähert sich das Niveau in einigen Szenen der von „Cobra 11“ oder amerikanischen Serien an. Polizisten schießen ohne Vorwarnung wild in der Gegend herum, man fährt ohne Helm auf dem Motorrad. Vorbildwirkung, realitätstreue? Eher nebensächlich. Sicher wird hier vor allem der Wunsch nach international vermarktbarer Action im Vordergrund gestanden haben, aber so ist es zum Schluss keine „deutsche Serie“, sondern eine American Style Serie, Handlungsort Deutschland.

  • Endwertung

Nachdem die erste Folge stark, aber langsam startete, die Serie in der Mitte einen Einbruch hatte, empfand ich das Ende (Folge 5 und 6!) als grandios. Man muss die Staffel als Gesamtbild betrachten um dieses „Experiment“ einer deutschen Amazon-Serie bewerten zu können.

Mein Fazit ist durchaus ein gutes. Zwar hapert er hier und da noch an einige Details, doch braucht die Serie Amerikanische Vorbilder nicht zu scheuen.

Perfekt? Nein, bei weitem nicht. Schlecht? Sind andere deutsche Serien. Was bleibt sind 4/5 Sternen – Luft nach oben ist noch, aber gerade das Thema ist sehr gut gewählt und das Potential wurde ausreichend genutzt.

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