Auf diesem Blog dreht es sich rund um Bücher, Rezensionen, Buchvorstellungen, Interviews und das Kochen von leckeren Speisen aus Topf und Pfanne.

Zwischen Cheesecake und Ostfriesentee – ein Interview mit Sylvia Lott

Das nenne ich rasant 🙂 Am Tag, als ich das wunderbare Buch „Die Glücksbäckerin von Long Island“ ausgelesen hatte, habe ich die Autorin kontaktiert. Habe ihr meine Meinung zum Buch geschrieben und sie gefragt, ob Sie mir ein Interview geben würde. Das war an einem Dienstag. Donnerstagnachmittag habe ich einige Fragen an Sylvia Lott geschickt und nur 5 Stunden später durfte ich mich über die Antworten freuen.

Und während ich nun im Krankenhaus liege und mich über die Geburt unserer kleinen Tochter freue, hoffe ich, dass sich die Leser meines Blogs über das Interview freuen und vielleicht genauso viel Appetit auf Cheesecake bekommen wie ich habe. 

Katja: Liebe Frau Lott, vielen Dank das Sie mir die Gelegenheit geben, Sie zu interviewen. Ich bin auf Sie als Autorin erst durch das Lesen Ihres Buches „Die Glücksbäckerin von Long Island“ aufmerksam geworden und würde Sie gern erst einmal etwas näher kennenlernen.

Erzählen Sie uns doch erst einmal etwas über sich: Wie leben Sie? Was macht Sie glücklich und traurig?

Sylvia Lott: Glücklich macht mich ein positives Echo auf meine Romane. Wenn zum Beispiel eine hochschwangere Frau mir mailt, dass es ihr leichter gefallen ist die Wartezeit herumzukriegen, weil sie meinen Roman gelesen und sich dabei wohlgefühlt hat. 😉 Sowas ist wunderbar und motiviert mich, weiterzumachen.

Ich bin gebürtige Ostfriesin, gelernte Journalistin, 58, lebe mitten in Hamburg, zwischen Außenalster und Stadtpark, seit 25 Jahren glücklich mit meinem Liebsten in zwei Wohnungen (das nennt man wohl neudeutsch living apart together), wir sehen uns am Wochenende und im Urlaub und freuen uns dann immer ganz doll 😉

Ich liebe Screwball-Comedies der 30er und 40er Jahre , würde gerne Klavierspielen und morgens ganz leicht aufstehen können, ich möchte auch gern richtig gut tanzen können, das würde mich glücklich machen, wenn ich es äußerlich so könnte wie ich es innerlich manchmal fühle, Tango Argentino und Salsa, Foxtrott und Bossa Nova, Wiener Walzer, Bollywood-Choreografien und feenhaftes Schweben. Ich träume von Leserinnen mit Herz, Verstand und Esprit, die mir zugetan sind und mein Glück wäre perfekt, wenn es (abgesehen von der Abschaffung des Elends und dem Beginn des ewigen Weltfriedens) gelänge, vor dem entspannten lustvollen Schreiben künftiger Bestseller jeden Morgen mit meinem Liebsten im Meer zu schwimmen

Katja: Was ist für Sie der perfekte Tag?

Sylvia Lott: Sonne, klarer Himmel, ausgeschlafen wach werden, im Meer schwimmen, mit dem Liebsten frühstücken, an den Schreibtisch. Die Arbeit flutscht, Mittagessen, Mittagsschlaf, wieder an den Schreibtisch, es flutscht immer noch. Abends mit Freunden draußen in einem Lokal sitzen, gegrillte Meeresfrüchte essen und über Gott und die Welt reden.

Katja: Wie sind Sie zum Schreiben gekommen? Gab es einen ausschlaggebenden Punkt oder war der Wunsch schon immer da?

Sylvia Lott: Ich hab immer gern Aufsätze geschrieben und erinnere mich, dass ich ungefähr in der dritten Klasse einmal elf Seiten über die Reise eines Regentropfens fantasiert habe, und nur aufhörte zu schreiben, weil es schon zur nächsten Stunde klingelte. Dann kamen Tagebuch, Schülerzeitung („Der Trompeter“ des Gymnasiums Westerstede, der übrigens genau zu jener Zeit die Ostfriesen-Witze erfand!), Lokalzeitung („Der Ammerländer“), Volontariat Regionalzeitung („Nordwest-Zeitung, Oldenburg) und während des Studiums erste Kurzromane für eine Illustrierte.

Gleich nach der Phase, in der ich Weltmeisterin im Eiskunstlauf oder wahlweise im Rollschuhlaufen werden wollte, war mir klar, dass ich später Bücher schreiben würde – das fand ich ganz normal und selbstverständlich. Aber ich dachte auch, dass ich wohl vorher noch einiges erleben und ein bisschen was vom Leben begreifen müsste. Deshalb wollte ich zum Üben erstmal Journalistin werden; das mit dem Schreiben hab ich ungefähr ab neun oder zehn Jahren gewusst.

Katja: Ist es für einen Autoren sehr wichtig, direkt mit dem Leser in  Kontakt zu kommen – sei es auf Lesungen, Büchermessen oder über die viel gepriesenen Social Media-Plattformen?

Sylvia Lott: Für mich auf jeden Fall! Durch Lesungen habe ich viel gelernt. Man spürt ja sofort, an welchen Stellen die Aufmerksamkeit steigt oder nicht. Außerdem bekommt man viel Rückmeldung, Kommentare, Ergänzungen und positive Energie, Lesungen sind für mich immer wieder aufregend, und so was wie Energietankstellen. 😉 Social Media pflege ich, finde es aber ehrlich gesagt zu zeitraubend. Andererseits sind so schon viele wirklich schöne Kontakte zustande gekommen…

Katja: Was nehmen Sie aus einem persönlichen Feedback, einem Gespräch, einer Rezension für sich selbst mit?

Sylvia Lott: Je nachdem. Von bis.

Sylvia LottKatja: Haben Sie einen Lieblingsschreibplatz oder eine Muse?

Sylvia Lott: Hauptsache, es ist ruhig. Hab auch gern einen Ausblick dabei.

Katja: Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus? Wann finden Sie die Zeit zum Schreiben?

Sylvia Lott: Ich schreibe ja nicht als Hobby, sondern berufsmäßig – also ganz normale Arbeitszeiten plus Selbstausbeutung in der Freizeit wie bei allen Freiberuflern 😉

Katja: Ist Schreiben Perfektionismus? Kann man auch mal alle Fünfe gerade sein lassen oder muss gerade bei historischen Fakten jedes kleinste Detail stimmig sein?

Sylvia Lott: Leider, leider, ich kann mich beim Recherchieren festbeißen und oft nicht aufhören, weil ich es ganz genau wissen will. Aber ich arbeite daran… 😉

Katja: Wie recherchiert man für einen Familienroman, wo viel fiktiv ist, aber auch einige Fakten aus der Vergangenheit real sind? Befragt man – soweit noch möglich – Zeitzeugen? Familienangehörige? Oder ist das Internet eine Informationsquelle.

Sylvia Lott: Sie können sich vorstellen: Vieles kriegt man ja schon von klein auf mit, all diese Geschichten, die immer bei Familienfesten erzählt werden. Oder wie der Großvater lebte. Die Bilder, die Wanduhr, das Sofa. Was Oma von ihrer Hochzeit und damals erzählt hat… Da ist also schon mal so eine Art Kompost in einem. Und dann kommt die Zusatzrecherche. Ich habe zum Beispiel gemeinsam mit meiner Mutter eine große Kiste mit alten Familienfotos und Unterlagen durchgesehen. Das war anstrengend, auch oft bewegend, und es ist teilweise in den Roman eingeflossen.

Meine Urgroßeltern haben in Ostfriesland das Moor urbar gemacht, sie besaßen eine Kolonatsstelle in einem Fehndorf – so wie im Roman die Eltern meiner Heldin Marie. Fünf Geschwister meines Großvaters wanderten nach New York aus, ließen sich später auf Long Island nieder, und sie haben es alle, wie man so schön sagt, zu etwas gebracht. Der Mythos von „den Amerikanern“ überstrahlte meine Kindheit. Im Flur des großväterlichen Fehnhauses hingen die Fotografien, die im Laufe der Jahrzehnte geschickt worden waren. Ich fand das alles sehr glamourös. Diese Fotos und die Geschichten aus den regelmäßigen Luftpostbriefen haben mich fasziniert und schon früh mein Fernweh geweckt. Später hab ich die Verwandten auf Long Island ein paar Mal besucht. Besonders beeindruckend fand ich die Hamptons. So inspirierte die Familiengeschichte also den Roman. Aber die weitere Entwicklung ist pure Fantasie! Allerdings muss auch das, die Umstände zu jener Zeit, natürlich sauber recherchiert werden. Meine Fundstellen sind vielfältig – Bücher, Interviews, Filme, Internet, Archive, Bibliotheken, Reisen… Man kommt gut rum für die Vorbereitung. Ich war lange Reisejournalistin und das hilft mir natürlich auch. Zum Beispiel bei meinem 2013 erschienenen Roman „Die Rose von Darjeeling“ habe ich von Reportagen profitiert, die ich über  die Kanalinsel Jersey und über Teegärten in Darjeeling gemacht habe.

Katja: Wie eingangs erwähnt, habe ich vor einigen Tagen erst Ihren Roman „Die Glücksbäckerin von Long Island“ regelrecht verschlungen und war sowohl vom Schreibstil als auch von der Charakterisierung der Figuren begeistert. Wie wichtig ist ihnen, dass sich der Leser mit den Figuren identifizieren kann?

Sylvia Lott: Es ist schön, wenn der Leser sich identifizieren kann. Aber wenn ich das Gefühl habe, dass dieser Charakter interessant ist und wenn er so ein, ich nenn’ es mal: Schreibkribbeln auslöst, dass ich Lust habe, mit dieser Figur etwas zu durchleben, dann reicht es mir eigentlich schon. Ich glaube, die Leser folgen, wenn es gut ist. Die Charaktere sollten ja auch nicht immer nur edel, hilfreich und gut sein, sondern echte Menschen mit Ecken und Kanten.

Katja: Gibt es für die Figuren Ihrer Romane reale Vorbilder oder sind deren Charaktereigenschaften eine Mischung aus mehreren ihnen bekannten Leuten? Oder gänzlich unabhängig.

Sylvia Lott: Sowohl als auch.

Katja: Im Buch geht es unter anderem um einen Kuchen, der glücklich macht und Streit schlichten kann – den Cheese Cake New York Style. Ich muss gestehen, wo ich das Buch gelesen habe, habe ich einen regelrechten Heißhunger entwickelt. Wie sind Sie gerade darauf gekommen, dass DIESER Kuchen eine Rolle spielen soll? Ist das Ihr Lieblingskuchen?

Sylvia Lott: Ja, auf jeden Fall! „Entdeckt“ habe ich ihn während einer Pressereise für die Frauenzeitschrift Maxi durch Tasmanien in Australien. Dort bekam ich in einem Restaurant in Hobart als Nachtisch einen Käsekuchen serviert, den ich erst beinahe nicht angerührt hätte, weil ich Käsekuchen oft zu quarkig, brüchig und säuerlich finde. Na, und dann noch als Nachtisch … Aber ich aß aus Höflichkeit einen Bissen – und hatte eine Art kulinarisches Erweckungserlebnis! Dieser „Cheesecake New York Style“ schmeckte völlig anders als das, was ich bis dahin als Käsekuchen kannte. Cremig, geschmeidig, sahnig, köstlich, mit zwei Sorten säuerlicher Fruchtsauce. Er machte mich so friedlich und glückselig, dass ich fortan jahrelang Cheesecake-Rezepte sammelte (Theorie), mein Lebensgefährte hat sie dann alle gebacken (Praxis). Er ist Ingenieur, und wir veranstalteten so was wie wissenschaftlich-empirische Versuchsreihen mit Cheesecake 😉 Ich bin auch fasziniert von den kulturhistorischen und ernährungspsychologischen Hintergründen.

Katja: Was war das erste Buch, das Sie gelesen haben, an das Sie sich noch bewusst erinnern können?

Sylvia Lott: Leider weiß ich den Titel nicht mehr, es ging um ein Mädchen mit bunten Augen. Es konnte Dinge sehen, die andere Menschen nicht sahen, beispielsweise den Herbst, wenn er nachts die Blätter der Bäume anmalte. Ich hab das damals alles natürlich sehr naiv gelesen und bildlich vor mir gesehen. Es gab (darin?) auch ein Teufelchen, das auf Regenbogen rutschen konnte. Das nächste hieß „Mein Name ist Paprika“ und handelte vom Leben eines Zigeunermädchens, heute wahrscheinlich politisch nicht korrekt, weil sie immer mit dem Planwagen durchs Land zogen, am Lagerfeuer tanzten und Igel brieten – aber da begriff ich zum ersten Mal, dass nicht alle kleinen Mädchen so lebten wie ich.

Katja: Verraten Sie uns Ihr Lebensmotto?

Sylvia Lott: Eines? Bedienen Sie sich: Es geht gerade erst richtig los. Ich will doch dazu lernen. Wer nie auf die Schnauze gefallen ist, war in seinem Leben nicht mutig genug. Wenn nichts mehr geht – guck mal, ob Humor hilft.

Katja: Möchten Sie Ihren Lesern noch etwas sagen?

Sylvia Lott: Liebe Leser, bitte zählen Sie mal keine Kalorien, sondern gönnen Sie sich zur Lektüre meines Romans Die Glücksbäckerin von Long Island ein köstliches Stück Cheesecake New York Style und eine schöne Tasse Ostfriesentee! Diese Familiensaga um das Auswandern, Sich-Durchkämpfen und Eine-neue-Heimat-Finden ist auch eine Hommage an all jene Frauen, die mit ihrem Kuchen die Familie oder ihre Wahlverwandten zusammenhalten. 😉

Katja: Und zum Schluss: Gibt es schon ein neues Projekt und wenn ja, können Sie uns darüber noch etwas erzählen?

Sylvia Lott: Heute bin ich bei Seite 280 für den nächsten Roman, der 2015 bei blanvalet erscheinen und Die Erbin von Esperança heißen soll. Er greift eine sehr spannende historische Entwicklung auf, die so wirklich stattgefunden hat, und verbindet sie mit einer fiktiven Liebesgeschichte. Sie spielt wie meine beiden vorangegangenen Romane auf zwei Zeitebenen, diesmal allerdings im 19. Jahrhundert und in der Gegenwart. Es handelt sich auch wieder um eine Familiensaga, die zum Teil in Deutschland und zum Teil in einem fernen exotischen Land spielt. Ich tauche gerade ab in die faszinierende Welt der Edelsteine. Damit sind so viele Abenteuer und Mythen verbunden! Aber mehr möchte ich jetzt noch nicht verraten.

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Weitere Informationen zu der sympathischen Autoren gibt es hier:

www.romane-von-sylvia-lott.de
www.facebook.com/Sylvialott.romane

 

Copyright Foto: Daniel Culmann

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