Bedrückend, realistisch, lebensbejahend … das sind die drei Worte, die mir als erstes durch den Kopf geschossen sind, als ich das Buch beendet habe.
Eindringlich erzählt Eva Schloss von ihrer Kindheit in Wien, Brüssel und Amsterdam. Davon, wie die geachtete jüdische Familie mit der Machtergreifung der Nazis auf einmal ausgegrenzt wurde. Wie aus Freunden Feinde und Fremde wurden. Wie man die Heimat aufgeben muss und neu anfängt.
Schon diese Szenen waren bedrückend, machten traurig und wütend.
Unfassbar grausam wurde es mit der Denunzierung der Familie, mit dem Transport nach Auschwitz-Birkenau und dem dortigen Martyrium. Diese Szenen zu lesen, zu begreifen – ich musste hin und wieder innehalten um die vor meinem inneren Auge entstandenen Bilder zu verarbeiten. Die geschilderten Ereignisse sind zu unglaublich brutal – nicht nur was den Menschen körperlich angetan wurde ist grausam – als noch viel schlimmer empfand ich das seelische Zerstören der Männer, Frauen und Kinder. Wie grausam muss ein Mensch sein, um so etwas zu tun?
Dieses Buch ist ein Zeitzeugnis und ich bin froh, dass es dieses Buch gibt. Meiner Meinung nach sollte es unbedingt im Schulunterricht genauso zur Pflichtlektüre gehören wie das Tagebuch der Anne Frank. Eva Schloss wurde, durch die Heirat ihrer Mutter mit Otto Frank posthum zur Stiefschwester von Anne Frank, empfand das aber eher als „störend“. Immerhin hat Eva eine eigene Geschichte, ist eine eigenständige Persönlichkeit und ich glaube das macht sie hier auch mehr als deutlich.
Eva und ihre Mutter überlegen den Holocaust, im Gegensatz zu ihrem Vater und ihrem Bruder. Im 3. Teil des Buches erzählt Eva vom Neuanfang nach dem Krieg. Von der Heimkehr nach Amsterdam. Von ihrer Hoffnung auf eine Heimkehr von Vater und Bruder und von dem Begreifen, das diese nie wiederkehren. Von ihren Schwierigkeiten, ihr Überleben anzunehmen und wieder fröhlich zu werden und dann von ihrer eigenen Familie.
Irgendwann fand sie den Mut, ihrem Mann und den Kindern von ihren Erlebnissen zu berichten und sich dann richtig zu öffnen. An die Öffentlichkeit zu gehen, auch wenn das Thema schwierig ist und von einigen Gruppierungen immer wieder totgeschwiegen oder kleingeredet wird.
Menschen wie Eva Schloss, die diese grausame Zeit überlebt haben, sind so unglaublich wichtige Zeitzeugen und sie müssen reden. Diese Zeit darf sich nie wiederholen.
Von mir bekommt dieses absolut lesenswerte Buch volle Punktzahl.
Daten:
Autor: Eva Schloss
Titel: Amsterdam, 11. Mai 1944: Das Ende meiner Kindheit
Herausgeber: Eckhaus Verlag Weimar (März 2015)
Gebundene Ausgabe: 150 Seiten
ISBN: 978-3945294062
Lesealter: 12 Jahre und älter