Im Klösterlein Zelle bei Aue fand am 11. März eine Lesung von Sabine Ebert statt, bei der sie ihr neues Buch mit dem Titel „Schwert und Krone – Meister der Täuschung“ vorstellte. Meine Freundin Sylvia, die hier auf dem Blog auch auf Rezensionen schreibt, war bei dieser Lesung dabei und kam auf die tolle Idee, Sabine Ebert zum Interview zu bitten. Was Sylvia wissen wollte und was Sabine Ebert antwortete, dass könnt ihr hier nachlesen.
Sylvia: Wie sieht Ihr Schreiballtag aus, haben Sie feste Zeiten? Brauchen Sie völlige Stille oder läuft im Hintergrund leise Musik?
Sabine Ebert: Ich beginne gegen 9 und arbeite dann bis zum Abend – mit einer Mittagspause zwischendurch. Und ich brauche Stille und Abgeschiedenheit. Ich kann ja nicht einfach so darauf los schreiben, sondern habe zehntausende Seiten Fachliteratur im Kopf, die ich vernetzen und „lebendig werden“ lassen will. Oft stelle ich tagsüber Telefon und Klingel ab. Die Wochenenden sind oft die produktivsten, weil ruhigsten Phasen. Beim Schreiben bin ich immer von Büchern umgeben, habe frische Blumen vor mir und eine brennende Kerze.
Sylvia: Meine Leidenschaft für historische Bücher/Werke habe ich erst so mit 20 Jahren wahrgenommen, seit dem versuche ich einiges nachzuholen und bereue es irgendwie, im Geschichtsunterricht zu wenig mitgenommen zu haben. Wann hat sich Ihre Leidenschaft für Geschichte herausgestellt?
Sabine Ebert: Ich fand Geschichte schon in meiner Kindheit sehr spannend, habe viel dazu gelesen, verbrachte meine halbe Kindheit im Pergamonmuseum. Der Geschichtsunterricht in der Schule war ja eher knapp und recht einseitig. Dieses Interesse wurde dann noch verstärkt und kanalisiert, als ich nach Sachsen zog und erlebte, wie tief die Leute hier mit ihrer Geschichte verwurzelt sind und wie viel Spannendes es da zu entdecken gibt. Die Vorgeschichte Freibergs, meiner langjährigen Wahlheimat, mit den Siedlerzügen und den ersten Silberfunden im Erzgebirge verleitete mich schließlich, mich neben meiner journalistischen Arbeit an einem Roman zu versuchen. Man stelle sich vor: der kailfornische Goldrausch unter Verhältnissen des deutschen Hochmittelalters! Dass es am Ende fünf Bücher wurden, noch dazu so erfolgreich, hätte ich mir nie träumen lassen. Und mit jedem Tag, mit jeder interessanten Entdeckung bei den Recherchen, wächst meine Passion für Geschichte noch.
Sylvia: Ihren Büchern geht eine enorme Recherchearbeit voraus. Ihr neustes Werk spielt in verschiedenen Städten, haben sich hierbei zum Beispiel die unterschiedlichen Stadtchroniken zu gewiesen Ereignisse widersprochen? Je nachdem wie die politische Meinung damals gewesen ist bzw. welchem Herren man unterstand?
Sabine Ebert: Mittelalterliche Chroniken rücken immer den Herrscher ins beste Licht, in dessen Auftrag sie geschrieben wurden. Generationen von Historikern haben das dann untersucht und interpretiert und den wahren Kern herausgesucht. Vieles kann einfach nicht so stattgefunden haben, wie es überliefert ist – ein Beispiel dafür ist eine wichtige Begebenheit in Quedlinburg, die in meinem neuen Roman vorkommt und die ich auch zu beiderseitigen Freude mit Historikern diskutiert habe, bis wir eine plausible Variante fanden.
Geschichtsbetrachtung ist immer Interpretation und auch von den politischen Gegebenheiten bestimmt. Das sieht man am Beispiel der Völkerschlacht besonders deutlich, die sich nachfolgende Regime zurechtbogen, um sie für propagandistische Zwecke zu missbrauchen. Deshalb ist es wichtig, alles immer wieder zu hinterfragen und neu zu interpretieren, wie Historiker es tun.
Sylvia: Ihre Lesungen finden zumeist in historischen Gewändern statt. Ich werde ihre Lesung im Zeller Kloster in Aue besuchen. Ich bin schon gespannt, mit welchen Gewand Sie die Lesung halten werden. Woher bekommen Sie die Kostüme/Gewänder? Von Vereinen, wie zum Beispiel bei der Leipziger Völkerschlacht? Und tragen Sie zum Beispiel in Speyer ein anderes Gewand? (Es sind Gewänder – Kostüme gibt´s beim fasching oder beim Theater 🙂 S.E.)
Sabine Ebert: Bei jedem neuen Buch trage zu den Lesungen ein Kleid, das genau in die Epoche passt und für mich nach historischen Vorlagen gefertigt ist. Die meisten näht mir eine Freundin aus dem Reenactment, aber ich besticke meine mittelalterlichen Kleider immer selbst. Das lasse ich mir nicht nehmen. Auf dieser Tour werde ich ein typische Damengewand aus dem 12. Jahrhundert tragen, einen Bliaut mit weit ausladenden Ärmeln aus Rohseide, mit Garnen, Süßwasserperlen und kleinen Granaten bestickt. Mein bisher schönstes Kleid! Ich habe aber heftig zu tun, damit es bis zur Premiere auch fertig wird.
Sylvia: Sind in Ihren Büchern auch Personen „versteckt“, die in Ihrem Leben eine Rolle gespielt haben? Hier meine ich zum Beispiel oberschlaue Bekannte oder Freunde, denen man viel zu verdanken hat und so ihre Art im Buch wiederfindet?
Sabine Ebert: Es ist unmöglich, eine heute lebende Person ins Mittelalter zu transferieren, weil wir ganz andere Denkarten, Gewohnheiten und Weltsichten haben. Aber immer haben Menschen geliebt, gehasst, gestritten, einander geholfen … Da fließen manchmal diese oder jene Beobachtungen oder Erfahrungen ein. Doch da ist selten. Ich muss meine Romanfiguren im Kontext ihrer Zeit agieren lassen.
Sylvia: Können Sie sich vorstellen, mal etwas ganz anderes zu schreiben. Quasi in ein anderes Genre reinzuschnuppern?
Sabine Ebert: Ich selbst lese sehr gern Fantasy oder auch einen Krimi. Aber ich zweifle, ob ich das schrieben könnte. Also bleibe ich lieber bei dem, was ich tue. Und ich möchte ja auch unbedingt Geschichte erzählen, deutsche Geschichte!
Sylvia: Ich schreibe für den Blog meiner Freundin, neben Büchern ist Kochen ein weiterer zentrales Thema, deswegen zum Schluss, haben Sie ein Lieblingsrezept?
Sabine Ebert: Spontan fällt mir nichts ein, man trifft mich nicht sehr oft in der Küche. Aber vielleicht ist das für Sie und Ihre Leser interessant: In meinem neuen Buch beschreibe ich nicht nur mehrere mittelalterliche Festmähler, sondern es gibt auch eine Szene, in der die jungen Mädchen bei Hofe im Rahmen ihrer Vorbereitung auf die künftige Haushaltung einer Burg lernen sollen, wie man mitten im Winter, wenn die Vorräte knapp sind und zudem Fastenzeit herrscht, die zweihundertköpfige Reisegesellschaft eines hohen Fürsten verpflegt. Sehr aufschlussreich!